Versorgungsgesetz

„Ärzte sind keine Beamten“ Franziska Gerhardt, 10.09.2014 17:57 Uhr

Berlin - 

Die Kassenärzte stehen den Plänen von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), die Ärzte mit einem neuen Gesetz von der Stadt auf das Land umzuverteilen, skeptisch gegenüber. Gröhes Ansicht nach gibt es in manchen Gebieten eine Überversorgung. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) argumentiert dagegen: Grundsätzlich müsse die Rolle jeder einzelnen Praxis betrachtet werden. So versorgten zum Beispiel in Berlin viele Praxen das Umland mit, sagte KBV-Sprecher Dr. Roland Stahl.

Gröhe hatte angekündigt, noch im Herbst einen Entwurf für das Versorgungsstärkungsgesetz vorzulegen. „Wir brauchen eine bessere Verteilung der Ärzte“, sagte er. Die Regierung wolle so einem schon bestehenden und künftig drohenden Mangel in ländlichen Regionen begegnen. Überversorgung durch Ärzte etwa in manchen Städten solle dagegen abgebaut werden, so Gröhe im Bundestag.

Die Kommunen täten schon sehr viel, um dem Ärztemangel auf dem Land entgegenzuwirken, hieß es von der KBV. So gebe es Investitionshilfen für junge Mediziner, die neue Praxen eröffnen wollten. Stahl verweist etwa auf ein Stiftungsmodell in Thüringen, das seit fünf Jahren bestehe.

Dort sind inzwischen 111 Stipendiaten im Programm. 106 von ihnen bilden sich derzeit zum Facharzt für Allgemeinmedizin weiter, fünf Stipendiaten haben sich für einen Abschluss als Augenarzt entschieden. Finanziert wird das Modell von der KV Thüringen und den Krankenkassen. Ziel ist es, junge Fachärzte im Land zu halten. Von den ersten zwölf Stipendiaten haben sich alle in Thüringen niedergelassen. Solche Modelle kann sich die KBV auch auf Bundesebene vorstellen.

Man dürfe aber nicht verkennen, dass Urbanisierung ein allgemeiner gesellschaftlicher Trend sei, sagte Stahl. Viele junge Leute zögen lieber in die Städte, angehende Mediziner seien da keine Ausnahme. Zwang sei in diesem Zusammenhang ein denkbar ungeeignetes Mittel: „Ärzte sind keine Beamten.“ Eine eigene Praxis sei eine Entscheidung fürs Leben, die auch von Faktoren wie die Anzahl der verfügbaren Kita-Plätze und Berufsmöglichkeiten für den Partner bestimmt werde.

Bereits 2012 war ein Gesetz in Kraft getreten, das für mehr Landärzte sorgen sollte. Die Wirkung war jedoch Studien zufolge hinter den Erwartungen zurückgeblieben. So zeigte eine Erhebung der Bertelsmann-Stiftung im Juli, dass weiterhin etwa ein Drittel der Kinder-, Frauen- und Augenärzte in Großstädten arbeite – obwohl nur ein Viertel der Bevölkerung dort lebe.