Streit um „Arzt light“ dpa, 27.05.2014 11:13 Uhr
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat den neuen Arztassistent-Studiengang an der privaten Fresenius-Hochschule in Frankfurt am Main scharf kritisiert. „Wir wollen keinen ,Arzt light'“, sagte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. Mit einer solchen „Substruktur unterhalb des Arztberufes“ drohe eine Zwei-Klassen-Medizin. Mit dem Acht-Semester-Bachelor-Studium, das zum Wintersemester 2014/15 beginnt, werde ein neuer Beruf geschaffen.
Arztassistenten sollen Ärzte entlasten, Pflegepersonal unterstützen, bei Operationen assistieren und kleine Eingriffe auf Anordnung des Arztes vornehmen. Das Berufsbild gibt es in Deutschland bereits seit 2005; die ersten Arztassistenten wurden in Berlin ausgebildet, auch in Karlsruhe, Rheine und Düsseldorf kann man das Fach studieren. Mittlerweile sind 110 Absolventen in der Praxis tätig, 200 Studenten werden derzeit ausgebildet.
Die Fresenius-Hochschule führt den Studiengang jetzt ein und hat offenbar in einer Broschüre zu offensiv für den Beruf geworben. Denn der einzige Unterschied: Das Studium dauert acht statt sechs Semester; entsprechend ist keine vorherige Berufsausbildung notwendig. „Wir wollen keine Substitution ärztlicher Leistungen, sondern ausschließlich eine Delegation“, stellt eine Sprecherin der Hochschule klar.
Zwar ist auch die KBV für die Übertragung bestimmter ärztlicher Aufgaben auf medizinisches Personal – sie befürchtet aber, dass die neuen Arztassistenten den Arzt ersetzen könnten. „Wir wollen keine Pseudostruktur, die dazu führt, dass neue Probleme auftreten“, sagte Stefan Windau, Vize-Vorsitzender der Vertreterversammlung der KBV. Die Kassenärzte sehen auch Probleme bei der ärztlichen Haftung.
Ein weiteres Thema beim Ärztetag in Düsseldorf ist die Sicherstellung der Versorgung: Der Ärztemangel besonders in strukturschwachen Gebieten ist nach Ansicht der Kassenärzte nicht durch Umverteilung der Praxen zu beheben. Gerade an zentralen Standorten mit hoher Arztdichte würden überproportional viele Patienten von außerhalb und aus anderen Stadtteilen versorgt. Die Ansiedlung von Ärzten in unterversorgten Gebieten sei nur dann sinnvoll, wenn diese Regionen gut an öffentliche Verkehrsmittel angebunden seien.
Der Marburger Bund forderte, die Zahl der Medizinstudienplätze bundesweit um 10 Prozent zu erhöhen. Bund und Länder müssten die Studienplätze auch ausreichend finanzieren, forderte der Verband der angestellten und beamteten Ärzte auf seiner Hauptversammlung. 1990 habe es allein in den alten Bundesländern 12.000 Medizinstudienplätze gegeben. Statt 16.000 Plätzen, die es nach der Wiedervereinigung aufgrund der acht hinzugekommenen Fakultäten eigentlich geben müsste, seien es aktuell aber nur noch rund 10.000.
Der Ärztemangel wird sich nach Angaben der KBV in den kommenden Jahren vor allem bei Hausärzten, Augenärzten, Chirurgen, Frauenärzten und Hautärzten bemerkbar machen. Entscheidend sei, wie man den medizinischen Nachwuchs, der durchaus vorhanden sei, von einer Niederlassung überzeugt könne. Der Ärztenachwuchs müsse bei der Praxisgründung auch finanziell unterstützt werden.