Deutscher Ärztetag

Mediziner trommeln gegen Politik

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Deutschlands Ärzte schlagen vier Monate vor der Bundestagswahl Alarm. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) warnte vor dem Kollaps des derzeitigen Systems, das jedem Versicherten die freie Auswahl seiner Ärzte ermöglicht. Die Bundesärztekammer (BÄK) forderte vor dem morgen beginnenden Deutschen Ärztetag mehr Geld: Die Krankenkassen sollten wenigstens nicht mehr zulasten Schwerstkranker sparen, wie es heute der Fall sei. Der Marburger Bund (MB) als Vertreter der Krankenhausärzte klagte über zu wenig Mittel für aktuelle Medizin.

Die Krankenkassen stemmen sich gegen die Ärzte-Forderungen. Die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, sagte: „Es sollte nicht übersehen werden, dass die niedergelassenen Ärzte trotz einer historischen Wirtschaftskrise eine gewaltige Honorarsteigerung bekommen.“ Pfeiffer habe kein Verständnis dafür, dass die Ärztevertreter über mehr Honorar und gleichzeitig über Leistungskürzungen für die Versicherten reden.

Mit Warnungen vor wachsenden Lücken in der Versorgung mit Medizin stimmen sich die niedergelassenen Ärzte heute in Mainz auf die ärztepolitische Woche ein. Funktionsunfähigkeit drohe, weil immer mehr Kassen und Ärztegruppen eigene Behandlungsverträge schließen, sagte KBV-Chef Dr. Andreas Köhler. Seine Organisation werde daher zu Beginn des Ärztetags die Politik zu einem klaren Bekenntnis für das KV-System und dem Kollektivvertrag auffordern.

Für Ärztepräsident Professor Dr. Jörg-Dietrich Hoppe ist die Aufstockung auf 30,5 Milliarden Euro 2009 dagegen ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Hoppe sagte der „Berliner Zeitung“: „Wir erleben Rationierung in mannigfacher Form.“ Gespart werde auch bei Kassenpatienten mit Demenz oder Multipler Sklerose. Ein Gesundheitsrat solle dem Gesetzgeber anhand von Dringlichkeit vorschlagen, was die Kassen noch bezahlen, sagte Hoppe. „Kriterien können sein, ob eine Krankheit lebensbedrohlich ist, ob es einen hohen Leidensdruck gibt und ob andere Menschen gefährdet sind.“

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) erteilte Forderungen nach neuen Prioritäten bei der medizinischen Versorgung eine Absage. Ein Gesundheitsrat sei überflüssig, sagte sie der in Weiden erscheinenden Zeitung „Der neue Tag“. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte die Gesundheitsreform und die neue Honorarordnung für Ärzte. Die Bundesregierung habe drei Milliarden Euro mehr ins Gesundheitssystem gegeben. Trotzdem seien viele Ärzte unzufrieden. Das könne nicht sein.

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