Cannabis ist kein Wundermittel, waren sich die Experten beim Symposium der Bundesapothekerkammer (BAK) einig. Apotheker mit ihrem naturwissenschaftlichem Hintergrund sollten die eventuellen zu großen Hoffnungen ihrer Kunden dämpfen, findet BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer.
Kiefer berichtet von verstärkten Kundennachfragen zu Cannabis-Produkten in der Apotheke. Dass der Gesetzentwurf Cannabis als Droge verharmlosen könnte und zu einem Missbrauch führen könnte, sei nicht von der Hand zu weisen. Wichtig sei, bei Anfragen rational und auf naturwissenschaftlicher Basis aufzuklären, um die Erwartungen der Patienten ins richtige Verhältnis zu rücken, so Kiefer.
Cannabisprodukte seien zwar komplexe Arzneimittel; dennoch schätzt er den Beratungsaufwand bei der Anwendung für die Apotheker nicht als übermäßig hoch ein. Das Honorar der Apotheker für die Cannabis-Abgabe werde sich nach der Arzneimittelabgabeordnung richten, so Kiefer.
Damit Apotheker nicht auf den Kosten des Rezepturarzneimittels sitzen bleiben, schlägt Kiefer einen „Ansatz aus der Praxis“ vor: Bei einer Erstverordnung oder bei einem Apothekenwechsel des Patienten sollte der Apotheker im Zweifelsfall bei der Krankenkasse nachfragen.
Jede Apotheke soll dem Gesetzentwurf zufolge Cannabis-Rezepte beliefern können. Derzeit dürfen nur Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung der Bundesopiumstelle Medizinalhanf in Apotheken erwerben, die ebenfalls über eine Ausnahmegenehmigung verfügen. Sie müssen die Kosten selbst tragen.
779 Patienten verfügen momentan über eine Ausnahmegenehmigung – damit sei die Therapie kein Einzelfall mehr, sagt Dr. Peter Cremer-Schaeffer, Leiter der Bundesopiumstelle. Zu zwei Dritteln handele es sich dabei um Schmerzpatienten. Auch ADHS, Tourette und psychische Krankheiten würden mit Cannabis therapiert.
Mit dem Gesetz soll am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine sogenannte Cannabisagentur eingerichtet werden. Diese wird den Cannabis-Anbau ausschreiben, woraufhin sich Anbieter bewerben können, deren Produkte die Vorgaben der Monographie erfüllen. Bis das BfArM aber etwa die Anbaubedingungen und Qualitätsprüfer konkret festlege, solle auf die Gesetzesverabschiedung gewartet werden.
Cremer-Schaeffer bezeichnet den Gesetzesentwurf als konsequent, um die Ausnahmeregelung auf den „normalen Weg“ der Arzneimittelzulassung zu führen. Er sieht Cannabis als Rezepturarzneimittel daher als eine Übergangslösung: Langfristig sollen Patienten mit vom BfArM zugelassenen Fertigarzneimitteln mit Cannabis-Wirkstoffen versorgt werden.
Patienten, denen Cannabis verschrieben wird, sollen laut Gesetzesentwurf über 60 Monate lang an einer Begleiterhebung teilnehmen. Die Teilnahme an der Datenerhebung soll freiwillig sein, forderte der Bundesrat. Die Daten etwa zur Verbesserung des Gesundheitszustands sollen in Arzt-Patienten-Gesprächen erhoben werden. Für die Erhebung stehen 850.000 Euro zur Verfügung.
Professor Dr. Michael Schäfer, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft, geht nicht davon aus, dass sich mit der Freigabe von Cannabis als Arzneimittel ein „Patientenansturm“ auf das Medikament entwickelt. Der Stoff werde vor allem bei austherapierten Patienten eingesetzt. „Nach anfänglicher Euphorie wird es nur wenige Verschreibungen geben“, prognostiziert er. Bis in Deutschland Cannabis angebaut werden könne, solle der Bedarf über Importe gedeckt werden, sagt Cremer-Schaeffer.
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