Ab 1. Oktober müssen die Ärzte für Patienten, die drei und mehr Arzneimittel einnehmen, einen Medikationsplan ausstellen. In den Arztpraxen sieht man die Notwendigkeit, aber über die Rahmendingen und vor allem über das jetzt ausgehandelte Honorar schütteln Mediziner den Kopf. Als „Affront“ empfindet der Leipziger Allgemeinmediziner Dr. Thomas Lipp die Bezahlung. Außerdem ist er nicht sicher, ob zum Stichtag die EDV mitspielt.
„Das werden wir den Kassen nicht vergessen“, sagt Lipp, Vorstandsmitglied im Hartmannbund, zur Vergütung des Medikationsplans. „Das haben wir im Stammhirn gebunkert. Wenn die Kassen wieder einmal etwas von uns Ärzten wollen, kommen wir darauf zurück.“ Vier Euro im Jahr oder ein Zuschlag von einem Euro pro Quartal seien „einfach nur lächerlich“.
Nicht nachvollziehen kann Lipp, warum die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) dem Ergebnis zugestimmt hat. Das Aufwand in den Praxen für den Medikationsplan lasse sich zwar noch nicht abschätzen. „Aber ein Euro reicht da sicher nicht“, so Lipp.
Für den Allgemeinmediziner ist der Medikationsplan ohnedies kein Neuland: „Ich führe seit eh und je einen Medikationsplan für meine Patienten, wenn ich sehe, dass diese mit den Arzneimitteln unsicher oder überfordert sind.“ Der Medikationsplan gehöre eigentlich zum hausärztlichen Standard.
Ab Oktober allen Patienten ab drei Arzneimitteln einen Medikationsplan auszufertigen, hält Lipp für überzogen: „Drei Tabletten schluckt doch fast jeder meiner Patienten.“ Sinnvoller sei eine Rückkehr zum ursprünglichen Ansatz, den Medikationsplan ab fünf Arzneimitteln aufzustellen. Der vom Gesetzgeber verordnete Medikationsplan koste in den Arztpraxen jetzt viel Zeit, „ohne dass er in jedem Einzelfall sinnvoll und notwendig ist“.
Bis es zum 1. Oktober losgehen kann, muss aber erst noch das Update der Praxissoftware mit dem MP-Modul erfolgen. Das ist für das kommende Wochenende angekündigt: „Ob es dann funktioniert, weiß ich jetzt noch nicht“, so Lipp. Auch die Kosten sind dem Allgemeinmediziner noch nicht bekannt. Angeblich fordern die Softwarehäuser für das neue Modul eine zusätzliche Gebühr. Der Aufwand könnte deutlich höher ausfallen als das Honorar, fürchtet Lipp.
In Sachsen ist Lipp zudem bei ARMIN mit im Boot. Das Pilotprojekt zum Medikationsmanagement zwischen Ärzten, Apothekern und der AOK Plus ist aus seiner Sicht dem Medikationsplan deutlich überlegen. Lipp: „Es bietet deutlich mehr Komfort, ist präziser, umfassender und liefert neue Daten.“ Aber vor allem sei der Einfluss auf den Patienten intensiver: „Wir legen den Patienten an die Leine. Das erhöht die Compliance und die Arzneimitteltherapiesicherheit“, so Lipp. Das macht für den Allgemeinmediziner mehr Sinn.
Außerdem sind die ersten beiden ARMIN-Stufen – Wirkstoffverordnung und Medikationskatalog – längst Praxisalltag: „Die Wirkstoffverordnung wird nur durchgeklickt. Und der Medikationskatalog ist unproblematisch“, so Lipp. „Das ist Routine, das belastet mein enges Zeitfenster pro Patient nicht.“ Seit 1. Juli ist nun die Stufe 3, das Medikationsmanagement, in Kraft. Umgesetzt hat Lipp es in seiner Praxis noch nicht: „Der Zeitaufwand ist sehr groß.“
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