Die Zeit drängt: In gut drei Wochen startet der neuen Medikationsplan. Patienten ab drei Medikationen besitzen ab 1. Oktober einen Anspruch auf Ausstellung eines Medikationsplans durch ihren Arzt. Aber noch immer ist die Vergütung der Ärzte für die neue Leistung nicht geregelt. In der kommenden Woche gibt es ein weiteres Spitzentreffen zwischen Kassenärzten und Krankenkassen. Die Zeichen stehen auf Einigung.
„Wir sind derzeit guter Dinge, dass wir das Ganze noch rechtzeitig bis zum 1. Oktober hinbekommen werden“, zeigt sich ein KBV-Sprecher zuversichtlich. Auch der GKV-Spitzenverband geht nach eigenen Bekunden davon aus, dass der Medikationsplan pünktlich zum 1. Oktober starten kann. Allerdings will sich der GKV-Spitzenverband noch nicht auf eine Kompromisslösung festlegen. Die Anrufung der Schiedsstelle sei „noch offen“, so ein Sprecher.
Nicht nur die Vorstellungen über die Honorarhöhe liegen weit auseinander. Kürzlich hat sich auf Ärzteseite der Bundesverband Deutscher Internisten in die Diskussion eingemischt und die KBV unter Druck gesetzt. Der BDI will das Honorar für die Erstellung des Medikationsplans außerhalb des Ärztebudgets abrechnen. Der Gesetzgeber habe verbindlich im Sozialgesetzbuch vorgeschrieben, dass in Zukunft den Patienten ein Medikationsplan zur Verfügung gestellt werden müsse, so die Internisten. Die Umsetzung führe „zu einem bedeutsamen Mehraufwand an Koordination, Information und Bürokratie“, der bei der Vergütung dieser Leistung berücksichtigt werden müsse.
Neben der Erhöhung für die Hausärzte „muss eine eigene EBM-Ziffer eingeführt werden, die auch für den fachärztlichen Bereich zu gelten hat“, verlangt der BDI. Eine solche Ziffer dürfe nicht mit anderen Pauschalen verrechnet werden. BDI: „Diese neuen Leistungen müssen zusätzlich erbracht werden und ersetzen keine seitherigen Honorierungen im EBM. Sie sind deshalb grundsätzlich extrabudgetär zu vergüten.“ Der BDI erwarte insbesondere von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dass diese Vorgaben so mit den Krankenkassen vereinbart werden. Sonst droht neuer Streit im Ärztelager.
Eigentlich hätten sich KBV und GKV-Spitzenverband bis zum 30. Juni auf einen Punktwert im Einheitlichen Bewertungskatalog (EBM) einigen müssen, aus dem sich am Ende die Vergütung ergibt. Unklar ist, wie viele Patienten Anspruch auf einen Medikationsplan haben und diesen einfordern. Nach Berechnungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) kommen nahezu 20 Millionen Kassenpatienten infrage.
Über welche Beträge Ärzte und Kassen verhandeln, ist nicht bekannt. Bei den bislang etablierten Projekten der AOK Rheinland-Hamburg und der Knappschaft Bahn-See (KBS) können die Mediziner zwischen 80 und 160 Euro abrechnen; die Höhe hängt etwa vom Zeit- sowie Beratungsaufwand ab. Auch beim Projekt des Deutschen Hausärzteverbands mit AXA und Gothaer sind knapp 90 Euro angesetzt.
Bei den wenigen Projekten, bei denen die Apotheker an Bord sind, gibt es deutlich weniger: Bei ARMIN sind für die Aufnahme der Medikation im ersten Quartal 97,30 Euro vereinbart; für die weitere Betreuung gibt es in jedem Folgequartal 22 Euro. Auch die Techniker Krankenkasse (TK) zahlt Apotheken für die Analyse der zur Verfügung gestellten Medikationslisten nach Ablauf der Anschubfinanzierung nur 25 Euro. Lediglich die Apothekenkooperation Elac Elysée („Guten Tag Apotheken“) konnte mit der DKV 80 Euro für die Medikationsanalyse aushandeln.
Laut E-Health-Gesetz ist der erstausstellende Arzt zur weiteren Aktualisierung verpflichtet, Apotheker aktualisieren auf Wunsch des Versicherten. Auch andere Ärzte und Kliniken können den Medikationsplan ergänzen. Zunächst liegt der Medikationsplan in Papierform vor. Der Arzt speichert ihn in seiner Praxissoftware ab und druckt ihn für den Patienten aus.
Ab 2018 soll er dann auch auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert werden. Ab 2019 müssen dann alle Vertragsärzte und Apotheker in der Lage sein, einen auf der eGK gespeicherten Medikationsplan zu aktualisieren.
Im Frühjahr hatten sich KBV, Deutscher Apothekerverband (DAV) die Bundesärztekammer (BÄK) fristgerecht auf eine technische Spezifikation zur elektronischen Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans geeinigt. Diese basiert auf den fachlichen Vorgaben, die im Rahmen der vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) initiierten Aktionsplan Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) entwickelt wurde.
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