Die Große Koalition will Patienten das Recht auf einen Medikationsplan einräumen. Mit dessen Erstellung ist im Entwurf zum E-Health-Gesetz der Hausarzt betraut. Die Apotheker kritisieren das – und bekommen jetzt offenbar Unterstützung ausgerechnet von den Ärzten.
Beim Deutschen Ärztetag haben sich die Mediziner auch mit dem E-Health-Gesetz befasst. Zwar lehnte das Ärzteparlament mehrheitlich die geplante Verpflichtung für das Online-Versichertenstammdatenmanagement in Arztpraxen ab. Der Ärztetag habe sich aber für eine Förderung der Telematikinfrastruktur unter Einbeziehung der ärztlichen Expertise ausgesprochen, heißt es bei der Bundesärztekammer (BÄK).
Die Ärzte wünschen sich einen direkten Datenaustausch zwischen den Beteiligten im Gesundheitswesen. Der Medikationsplan soll auf OTC-Präparate erweitert werden. Die Apotheker hatten mehrfach darauf hingewiesen, dass nur sie über diese Daten verfügen und entsprechend das Recht haben müssten, Einträge im Medikationsplan zu erstellen. Eine Zusammenarbeit mit den Ärzten sei unabdingbar.
Die Mediziner wünschen sich außerdem den elektronischen Arztbrief und den Notfalldatensatz. Als konkrete weitere Anwendung sprach sich der Ärztetag dafür aus, den Impfausweis auf der elektronischen Gesundheitskarte abzulegen.
Grundsätzlich sprachen sich die Ärzte für eine Förderung der Telematikinfrastruktur unter Einbeziehung der ärztlichen Expertise aus, heißt es bei der BÄK. „Die grundsätzliche Offenheit der Ärzteschaft für sinnvolle medizinische Anwendungen in der elektronischen Datenverarbeitung spiegelt sich in unterschiedlichen bereits realisierten regionalen Projekten wieder“, heißt es in der Entschließung. Insbesondere der Datenaustausch zwischen den unterschiedlichen Anbietern im Gesundheitswesen biete einen direkten Nutzen für die Patienten und Ärzte.
Der Medikationsplan soll im Oktober nächsten Jahres eingeführt werden. Bislang ist im Entwurf zum E-Health-Gesetz vorgesehen, dass jeder Patient ab einer Anzahl von fünf Medikamenten einen Medikationsplan erhalten soll. Dieser soll nach aktuellen Plänen grundsätzlich vom Hausarzt erstellt und aktualisiert werden.
Das ist der ABDA ein Dorn im Auge. In ihrer Stellungnahme zum E-Health-Gesetz forderte sie, „dass die Einbeziehung und Rolle des Apothekers bei der Erstellung des Medikationsplanes besser verankert werden muss, schon im Hinblick auf die Daten zur Selbstmedikation.“
Die Apotheker würden die Schwelle für das Recht auf einen Plan gerne niedriger ansetzen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat sich dazu grundsätzlich bereit erklärt: „Wir müssen diskutieren, ob das schon ab drei regelmäßig verabreichten Medikamenten gilt“, sagte er der Hamburger Morgenpost. Mehr als sieben Millionen Menschen nähmen mindestens drei Monate lang fünf verschiedene Medikamente gleichzeitig ein. Oft fehle dabei der Überblick, so Gröhe.
Wie der Medikationsplan aussehen soll, haben Apotheker, Ärzte, Kliniken, Patientenvertreter und Pflegekräfte im Rahmen des Aktionsplans Arzneimittelsicherheit (AMTS) schon gemeinsam erarbeitet. Herausgekommen ist eine Tabelle, in der zu jedem Arzneimittel Wirkstoff, Handelsname, Stärke, Darreichungsform, Einnahmezeitpunkte, die Einheit (zum Beispiel Stück bei Tabletten, Hub bei Spray, Messlöffel) sowie Einnahmehinweise und -gründe vermerkt sind. Die Daten werden zusätzlich als 2D-Barcode hinterlegt, sodass sie mit einem Scanner eingelesen und in die jeweilige Software übertragen werden können.
Die ABDA führt derzeit in Sachsen und Thüringen parallel zu ARMIN ein Pilotprojekt durch, bei dem die Lesbarkeit und Verständlichkeit des Plans untersucht werden. Ziel ist es, vor den Hauptuntersuchungen Hinweise auf Verbesserungen zu erhalten. Anschließend wird der Medikationsplan bis September 2016 in drei Testregionen in Deutschland erprobt – Sachsen, Thüringen und Nordbayern. Auch an diesen Evaluationsprojekten ist die ABDA beteiligt. Dafür stellt die Regierung 700.000 Euro zur Verfügung.
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