HKK-Gesundheitsreport

Medikationsplan: Ärzte ohne Plan

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Berlin -

Ein Jahr nach Einführung des Medikationsplans fällt das Ergebnis enttäuschend aus: Mehr als die Hälfte der Patienten gibt unter anderem an, dass Ärzte nicht nachfragen, ob sie zusätzlich zu ihrer bestehenden Medikation weitere apothekenpflichtige Arzneimittel einnehmen. Das stellt die Handelskrankenkasse (HKK) in einer Studie fest.

Um eine Bilanz aus dem derzeitigen Umgang mit dem Medikationsplan zu ziehen, hat die HKK im Rahmen einer bundesweit einmaligen repräsentativen Studie Versicherte mit Anspruch auf eine Arzneimittelliste befragt. Aus einer Grundgesamtheit von 78.787 Patienten, die für die Analyse infrage kommen würden, wurden zufällig 1000 Personen ausgewählt. Mehr als 55 Prozent der Befragtenstichprobe war weiblich. 43 Prozent gehörten zur Gruppe der 46-64 Jährigen an, rund 39 Prozent waren 65 Jahre und älter.

Studienleiter Dr. Bernard Braun vom Bremer Institut für Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung (BIAG) fasst das Ergebnis der Studie zusammen: „Das Ziel, die Arzneimitteltherapiesicherheit für multimorbide beziehungsweise von Polypharmazie betroffene Patienten zu erhöhen, wurde nur für eine Minderheit erreicht. Um die mit dem gesetzlichen Anspruch auf einen schriftlichen Medikationsplan angestrebten Ziele der Vollständigkeit, Verständlichkeit und Steuerungsfähigkeit für möglichst viele Patienten mit Arzneimittelverordnungen und Selbstmedikation erreichen zu können, müssen zahlreiche konzeptionelle Mängel behoben werden.“

Die Befragung zeigt, dass der Plan an mehreren Stellen Schwächen hat und in der Praxis nur unzureichend umgesetzt wird. Das Handeln der Ärzte ist verbesserungswürdig: Fast zwei Drittel der Versicherten mit Anspruch und Bedarf haben laut Studie keinen Plan vom Mediziner ausgehändigt bekommen. Ein Viertel der Befragten mit Medikationsplan wurden gar nicht oder nur unzureichend über denn Sinn und Zweck des Plans aufgeklärt. Jeder Fünfte gab an, dass der für den Medikationsplan verantwortliche Arzt weder über den Nutzen noch über die Einnahmemodalitäten der verordneten Medikamente informiert hat.

Für den Nutzen der Arzneimittelliste ist auch der Eintrag apothekenpflichtiger Medikamente sinnvoll. Die Patienten konnten daher in der Untersuchung ausführlich mithilfe von Mehrfachantworten wählen, wie der verantwortliche Arzt mit dem Thema Selbstmedikation umgegangen ist. Mehr als die Hälfte der Befragten mit Medikationsplan wurden nicht gefragt, ob sie sich zusätzlich rezeptfreie Arzneimittel in der Apotheke gekauft hätten.

Mit der Übernahme apothekenpflichtiger Medikamente in die Liste tun sich die Ärzte schwer: Mehr als 84 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, dass diese Mittel im Medikationsplan nicht ergänzt wurden. Die von ihnen verordneten Arzneimittel trugen die Ärzte dagegen bei etwa der Hälfte der Befragten sofort in den Plan ein. Der Analyse zufolge wurden zudem 43 Prozent aller Befragten mit Medikationsplan nicht darauf hingewiesen, den Plan auch zum Besuch anderer Ärzte mitzunehmen und gegebenenfalls ergänzen zu lassen.

„Es muss untersucht werden, welche Kriterien bei den Ärzten 'angekommen' sind und wie sie die Entscheidung, ob ein Medikationsplan erstellt wird oder nicht, beeinflussen“, sagt Braun und fordert eine Verbesserung der aktuellen Lage. Patienteninformationen sollen seiner Meinung nach verständlicher formuliert werden. Außerdem kritisiert der Studienleiter den breiten Gestaltungsspielraum für Ärzte, die auf Formulierungen wie „in der Regel“ oder „sofern möglich“ in den Verordnungs- und Vereinbarungstexten zurückzuführen wären. „Dies reduziert den Nutzen einer möglichst vollständigen Übersicht über eine rezeptpflichtige und eine rezeptfreie medikamentöse Behandlung.“ Es sei auch unklar, ob und wie sich Ärzte über die verordneten Arzneimittel von Kollegen informieren müssen. „Es ist deshalb unumgänglich, eine Reihe von Bestimmungen zu präzisieren und verpflichtend zu machen“, so die HKK.

Im Rahmen der Untersuchung sollten die Versicherten einen vierseitigen Fragebogen beantworten, eine schriftliche Erinnerung bekamen sie nicht. Vollständig wurden die Fragen von 324 Patienten ausgefüllt. Es fiel auf, dass gegenüber der Altersverteilung der Stichprobe überproportional viele Versicherte ab 65 Jahre an der Studie teilgenommen haben. Deutlich seltener wurde die schriftliche Befragung von Patienten unter 45 Jahren ausgefüllt.

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