Die CDU- Gesundheitspolitikerin Dr. Katja Leikert (CDU) besuchte die Eröffnungsfeier von DocMorris – und handelte sich damit Kritik aus den Reihen der Apotheker ein. Anfang der Woche traf sie sich in einer Apotheke in ihrem Wahlkreis Hanau mit der hessischen Kammerpräsidentin Ursula Funke und im Anschluss mit dem Vorstand des hessischen Apothekerverbands. Mit APOTHEKE ADHOC sprach sie über die Digitalisierung im Gesundheitswesen und erklärte, warum Apotheker kein Geld für das Erstellen von Medikationsplänen erhalten sollen.
ADHOC: Woher kommt Ihr plötzliches Interesse für Apotheker?
LEIKERT: Das Treffen mit Frau Funke hatte Frau Linz [Magdalene Linz, Kammerpräsidentin Niedersachsen] angeregt. Der Vorstand des hessischen Apothekerverbands wiederum kam auf mich zu. Beide Gespräche waren also schon längerfristig geplant. Die spontane Teilnahme an einer Podiumsdiskussion von DocMorris zum Thema E-Health zwei Wochen zuvor stand in keinem Zusammenhang mit dem Apothekenbesuch. Ich will mit allen Vertretern aus dem Gesundheitsbereich sprechen und war daher schon in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Und natürlich ist es ein Unterschied, ob ich in Berlin mit ABDA-Vertretern rede oder mit Apothekern, die in meinem Wahlkreis leben.
ADHOC: Oder in den Niederlanden.
LEIKERT: Also, mich hat die Reaktion auf meinen DocMorris-Besuch erstaunt, auf den mich Frau Funke auch nochmal angesprochen hat. Ich wurde während der vergangenen anderthalb Jahre im Gesundheitsausschuss noch nie in so einem Tonfall kommentiert. Gegen die elektronische Gesundheitskarte gibt es ja auch immer Widerstände – aber so etwas hatte ich zuvor noch nicht erlebt. Mir waren die Vorwürfe gegen DocMorris nicht bekannt. Aus meiner Sicht habe ich eine Versandapotheke besucht, so wie ich am Montag auch eine öffentliche Apotheke besucht habe. Allerdings sind die Ordnungsgeldverfahren gegen DocMorris ein interessantes Thema, das ich weiter recherchieren werde.
ADHOC: Welche Erfahrungen haben Sie aus der Apotheke mitgenommen?
LEIKERT: Mit Frau Funke habe ich über die Aufgaben der Vor-Ort-Apotheke gesprochen, die sie gerade im ländlichen Raum noch übernehmen kann. In Regionen, wo wenig Ärzte niedergelassen sind, könnten Apotheken die Versorgungssituation verbessern. Sie könnten dann bestimmte Zusatzleistungen anbieten. Mich hat außerdem gefreut, dass ich in den Apothekenvertretern Begeisterung für das Thema E-Health gesehen habe. Ich möchte die Digitalisierung des Gesundheitssystems vorantreiben. Und Apotheker sind prädestiniert dafür, am Medikationsmanagement teilzunehmen. Die Apotheker haben dafür die richtige Expertise und könnten sie zum Beispiel in den Medikationsplänen für Pflegeheime verstärkt einsetzen.
ADHOC: Bislang stehen die Apotheker aber noch nicht im Gesetzesentwurf.
LEIKERT: Das stimmt, dabei es wäre absolut sinnvoll! Apotheker sollten definitiv schon im ersten E-Health-Gesetz berücksichtigt werden. Das E-Rezept steht dort auch noch nicht drin, genauso wenig die E-Patientenakte. Dabei wäre das unglaublich wichtig für die Patienten. Apotheker sollten auch Einblick in die E-Akte bekommen – vorausgesetzt, der Patient wünscht das. Bei dem Medikationsplan soll es nicht in erster Linie darum gehen, zu sehen, ob sich das Paracetamol und Antibiotikum eines Patienten vertragen: Relevant sind vor allem chronisch Kranke. In Pflegeheimen kommen Apotheker jetzt schon halbjährlich vorbei, um die Medikation der Patienten mit den Ärzten und Pflegern zu besprechen. Das sollte ausgeweitet werden.
ADHOC: Soll die Erstellung des Medikationsplans vergütet werden?
LEIKERT: Also aus meiner Sicht wird diese Leistung schon längst vergütet. Die Apotheker bieten diesen Service ja schon jetzt an, denn Beratung und Überprüfung der Therapiesicherheit gehören zum Berufsbild dazu. Nur die Form dieser Arbeit soll durch das Medikationsmanagement modernisiert werden.
ADHOC: Indem alles digitalisiert wird?
LEIKERT: Selbstverständlich ist die Digitalisierung kein Allheilmittel. Aber ich plädiere für die E-Patientenakte. Denn derzeit ist die Patientensouveränität sehr eingeschränkt; es müssen umständliche Wege gegangen werden, um überhaupt Einblick in die eigene Krankenakte zu bekommen. Auch Impfpass oder Mutterpass sollten beispielsweise elektronisch vorliegen, die Papierform aus den 1970er Jahren ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Es könnte etwa eine Impfpass-App geben, in der alle Informationen gespeichert sind und die auch im Ausland problemlos eingesehen werden kann. Ich habe bei meinem Apothekenbesuch auch festgestellt, wie schnell Apotheker mit der Rezeptbearbeitung in Regress geraten. Wenn die Rezepte dagegen schon in digitaler Form vorliegen, bedeutet das für den Apotheker eine große Hilfe. Zugleich macht es die Kommunikation mit den Arztpraxen viel einfacher. Diese müssen natürlich ebenfalls mit entsprechender Software ausgestattet sein. Darüber hinaus erleichtert das E-Rezept auch die Arbeit von Versandapotheken. Dass hier Rezepte per Post geschickt werden müssen, ist ein völlig veraltetes System.
ADHOC: Haben Sie eigentlich eine Stammapotheke?
LEIKERT: Ich pendle zwischen Berlin und Bruchköbel. In Berlin habe ich tatsächlich eine Stammapotheke, benötige zum Glück aber meist nur OTC-Produkte. In Bruchköbel haben in den vergangenen Jahren zwei Apotheken geschlossen; ich wechsle zwischen den zwei verbliebenen Apotheken.
ADHOC: Sie sprechen sich für Zusatzleistungen in Apotheken wie das Impfen aus. Warum?
LEIKERT: Ich würde das sehr praktisch finden. In Gegenden mit wenig Ärzten, beispielsweise Nordhessen, wäre es für den Patienten super, wenn er bei einer Apothekenfachkraft mit entsprechender Zusatzausbildung die Impfung bekommen könnte. Sollte es dabei zu einem Notfall kommen und jemand zum Beispiel nach der Impfung umkippen, würde natürlich der Notarzt gerufen werden – wie in der Arztpraxis auch. Solche Argumente kann ich also nicht gelten lassen. Ich diskutiere sie aber gerne mit der Apotheker- und Ärzteschaft.
ADHOC: Haben die Apotheker denn überhaupt Zeit, zusätzliche Leistungen anzubieten?
LEIKERT: Ich denke, das ist unterschiedlich. Wie ausgelastet eine Apotheke ist, hängt sicher mit dem Standort zusammen. Doch gerade in den weniger geschäftigen Randgegenden könnten Apotheken diesen Service anbieten. Diese Leistungen sollten den Apothekern natürlich auch vergütet werden.
ADHOC: Welchen Eindruck haben Sie von den Standesvertretern der Apotheker?
LEIKERT: Die Apothekerlobby ist schon sehr stark. Das spricht für die Verbandsarbeit. Leider geht es in diesem Umfeld, genau wie bei den Vertretern der Krankenkassen und der Ärzte, oft nur darum, bestimmte Positionen zu kommunizieren. Die Treffen in meinem Wahlkreis fand ich daher außergewöhnlich: Das waren wirkliche Gespräche, in denen beide Seiten offen miteinander diskutiert haben, um gemeinsam eine Lösung für die Patienten zu finden.
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