Glaeske will Apotheker nach Hause schicken Alexander Müller, 18.06.2014 12:25 Uhr
Der Gesundheitsökonom Professor Dr. Gerd Glaeske wünscht sich neue Modelle in der Versorgung multimorbider Patienten. Wie in Australien könnten Apotheker Hausbesuche durchführen. Dafür müsste das Honorarsystem entsprechend umgestellt werden, so Glaeske bei einer regionalen Fachtagung des Bundesverbands Managed Care (BMC) in Münster.
Im Bereich der Apotheke gebe es viele Möglichkeiten, die Versorgung zu verbessern, so Glaeske, der zum Blick ins Ausland rät: In Australien könnten die Ärzte verordnen, dass der Apotheker zu seinen Patienten nach Hause gehe und die Medikation überprüfe. Dies sei einmal pro Jahr möglich, der Apotheker könne dafür umgerechnet 130 Euro abrechnen. „Mir ist der aufsuchende Aspekt daran sehr sympathisch, weil man so das Lebensumfeld kennenlernen kann.“
Doch es kann Glaeske zufolge auch im Kleinen beginnen: Eine Kontrolle der gleichzeitig eingenommenen Arzneimittel könne auch in der Apotheke erfolgen. Von wachsender Bedeutung sei der Bereich der Selbstmedikation. Denn OTC-Arzneimittel machten heute schon fast die Hälfte der abgegebenen Packungen aus, so Glaeske. Darunter gebe es zudem „eine Reihe zweifelhafter Medikamente“.
Problematische Interaktionen im Rx-Bereich liegen Glaeske zufolge nicht immer daran, dass verschiedene Ärzte ohne Wissen voneinander Medikamente verschrieben: „40 Prozent der wichtigen Indikationen kommen vom gleichen Arzt, teilweise sogar auf dem gleichen Rezept“, so Glaeske.
Die Pharmazeuten können Glaeske zufolge hier Verantwortung übernehmen: „Die Apotheker wissen schon lange, dass viele Medikamente auch für GKV-Versicherte auf Privatrezepten verordnet werden, um den Verbrauch zu verschleiern.“ Dieses Problem sei anhand von Kassendaten gar nicht mehr erkennbar, so Glaeske.
Für ihn sei deshalb eine enge Kooperation Apothekern, Ärzten und Krankenkassen besonders wichtig. Glaeske wünscht sich in diesem Umfeld „Arzneimittelkonferenzen“.
Das Medikationsmanagement an sich gehört aus seiner Sicht in die Hand der Apotheker: „Nichts gegen die Ärzte, aber die Apotheker sind die gelernten Arzneimittelexperten im System. Man muss sie nur lassen.“ Die Klinische Pharmazie sei hierzu eine ganz wesentliche Basis.