Vor einem halben Jahr ist mit dem Beginn des Medikationsmanagements die dritte Stufe des ARMIN-Projekts in Sachsen und Thüringen gestartet worden. Doch die hohen Erwartungen werden derzeit noch nicht erfüllt. Es hapert an der Technik. Vielerorts ist die Praxissoftware noch nicht fit gemacht und auch die Internetleitungen sind nicht überall schnell genug. Die Folge: Nur wenige Ärzte, Apotheker und Patienten können das Herzstück von ARMIN derzeit nutzen.
„Die Technik ist in der Tat ein Knackpunkt, aber man kann nicht generell sagen, dass diese nicht funktioniert“, bewertet die AOK Plus die Lage gegenüber APOTHEKE ADHOC. Der Medikationsplanserver im Sicheren Netz der KVen – KV-SafeNet – sei zwar voll funktionsfähig. Um die dort gespeicherten Medikationspläne den betreuenden Ärzten und Apothekern zur Verfügung zu stellen, wurde aber keine eigenständige Software vorgeschrieben. Diese wird von den Anbietern der Praxissoftware erstellt und muss zertifiziert werden.
Das läuft nicht überall rund: „Einige Softwareanbieter haben hier hervorragende Arbeit geleistet, wohingegen andere Hersteller massive Probleme haben, ihren Nutzern ein funktionsfähiges System zur Verfügung zu stellen. An diesem Thema wird derzeit intensiv unter Beteiligung der AOK Plus gearbeitet um die Probleme abzustellen“, so die Krankenkassen. Inzwischen konnten aber weitere Softwareanbieter gewonnen werden, die derzeit an der ARMIN-Umsetzung arbeiten oder dies im laufenden Jahr erledigen wollen.
Das ist aber nicht die einzige Sorge der ARMIN-Teilnehmer. „Wir sind auf ganz grundsätzliche Probleme gestoßen. Zum Beispiel, dass Ärzte und Apotheken nicht über eine ausreichend leistungsfähige Internetverbindung verfügen und eine Verbesserung durch den Anbieter auch erst mittelfristig erfolgen wird“, räumt die AOK Plus ein. Mit anderen Worten: Bis alle Ärzte und Apotheken das Medikationsmanagement durchführen können, wird noch einige Zeit vergehen.
„Die derzeitigen Teilnehmerzahlen sind noch niedrig, aber bewegen sich im Bereich der Erwartungen“, so die AOK Plus. Es sei eine Steigerung erkennbar. Die Geduld verlieren will die Kasse nicht: „Uns ist klar, dass die Integration des Medikationsmanagements in Praxis- und Apothekenalltag, die strukturierte Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker und die Nutzung neuer IT eine große Herausforderung darstellt, die zu Beginn einfach Zeit kostet.“
Ziel ist laut AOK Plus eine „deutlich fünfstellige Zahl von eingeschriebenen und betreuten Versicherten“. Nach früherer Angaben sollen 75.000 AOK Plus Patienten daran beteiligen. Davon ist die Realität aber noch weit entfernt. Bei der AOK Plus, die als einzige Kasse bislang an dem Modellprojekt beteiligt ist, sind derzeit rund 300.000 Menschen versichert, die fünf oder mehr Medikamente gleichzeitig einnehmen. Am ARMIN-Medikationsmanagement nehmen aktuell aber nur 798 Patienten teil, 521 in Sachsen und 277 in Thüringen.
Insgesamt haben sich für ARMIN 543 Ärzte (237 in Sachsen und 306 in Thüringen) und 984 Apotheker (509 Sachsen und 475 Thüringen) eingeschrieben. Davon könne aufgrund der beschriebenen Technikprobleme aber nur 273 Ärzte und 161 Apotheken das Medikationsmanagement mit Patienten durchführen. Um dem selbst gesteckten Ziel näher zu kommen „wünscht sich die AOK Plus, dass besonders noch mehr Ärzte an ARMIN teilnehmen“.
Nach zweijährigen Vorarbeiten, Verzögerungen und Schwierigkeiten war die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen, so der volle Name von ARMIN, am 1. Juli 2016 mit dem Medikationsmanagement als Herzstück des Projekts gestartet. Das Medikationsmanagement richtet sich an Patienten der AOK Plus, die fünf und mehr Medikamente nehmen. Als Anlaufhilfe hat die Kasse bislang drei Millionen Euro in das Modellprojekt gesteckt und erhofft sich davon Einsparungen bei den Arzneimittelausgaben und Krankheitsfolgekosten.
Für die Aufnahme der Medikation erhalten Apotheker und Arzt im ersten Quartal 97,30 Euro und in jedem Folgequartal 22 Euro für die weitere Betreuung. Herzstück von ARMIN ist ein elektronisch gestützter Medikationsplan. Dieser basiert auf dem IT-Netzwerk der Kassenärzte. Über einen ARMIN-Server können die Medikationsdaten zwischen Ärzten und Apothekern ausgetauscht werden. Die AOK Plus speist in dieses System die ihr vorliegenden Arzneimitteldaten der letzten sechs Monate der teilnehmende Patienten ein. Arzt und Apotheker prüfen dabei gemeinsam die Medikation auf Wechselwirkungen und Unverträglichkeiten. Der Arzt kann daraufhin die Medikation anpassen. Ab 2017 können sich auch andere Krankenkassen in das Projekt einkaufen.
Insgesamt besteht das Modellprojekt ARMIN aus drei Stufen: der Wirkstoffverordnung, dem Medikationskatalog und dem Medikationsmanagement. Inzwischen sind 171 Monosubstanzen und 17 Kombinationen für die Wirkstoffverordnung gelistet, dazu ein Medikationskatalog mit zwölf Indikationen. In der Testphase wurde das neue Medikationsmanagement mit zwei Patienten geübt. 2014 waren zunächst die Wirkstoffverordnung und der Medikationskatalog an den Start gegangen. Der Start des Medikationsmanagements war ursprünglich für 2015 geplant, verzögerte sich jedoch aufgrund technischer Probleme. Das Modellprojekt soll zunächst bis 2018 laufen.
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