Medikationsanalysen

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Berlin -

Apotheker, Arzt oder beide Heilberufe in einem Boot. Beim Thema Medikationsanalysen gibt es aktuell ein buntes Potpourri. Die Apotheker haben Athina, Linda baut ein Interaktionsregister auf und Elac Elysée kooperiert mit dem Privatversicherer DKV. Die Techniker Krankenkasse (TK) bezahlt als einzige große Kasse Apotheken für die Beratung. Im Fokus vieler Versicherer stehen aber die Hausärzte.

Im Frühjahr hatte die Elac mit dem Privatversicherer DKV einen Medikationscheck gestartet. In Berlin, Hamburg und München beteiligen sich knapp 50 Apotheken, die 80 Euro pro Analyse erhalten. Angelehnt ist der Medikationsplan der Guten-Tag-Apotheken an das Modell Athina, das die Kammern in Nordrhein, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen ihren Mitgliedern anbieten – noch zahlen die Kassen dafür nicht.

Linda bietet seit einem Jahr ein Interaktionsregister zur Unterstützung der Beratung an. In der Pilotphase nutzen die Datenbank rund 130 Apotheken. Das Programm soll in den ersten drei Monaten 2016 flächendeckend umgesetzt werden. Derzeit werde eine erste Weiterentwicklungsstufe implementiert, sagt eine Sprecherin. Bislang beteiligen sich die Softwarehäuser ADG, die auch Entwicklungspartner sind, sowie Awinta und Lauer-Fischer.

Nach Abschluss der Pilotphase sollen 80 Prozent aller Mitglieder mitmachen. Das sind rund 880 Apotheken. Das Interaktionsregister sollen Linda-Apotheker kostenfrei nutzen können. Vor einem Jahr war noch von einer kostenpflichtigen Datenbank die Rede. Auch Ärzte können auf die Software zugreifen. Während der Pilotphase nehmen aber keine Mediziner teil. Eine intensivere Kooperation mit den Ärzten wäre wie bei anderen Ansätzen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit sinnvoll, sagt die Sprecherin.

Die TK hat derzeit rund 250 Apotheken im Boot. Die Pharmazeuten bieten zu bestimmten Indikationen seit einem Jahr zwei Beratungstermine in ihrer Stammapotheke an, vermittelt von der Kasse. Sie erhalten die Medikationsliste von der Kasse und bekommen für die Analyse 25 Euro.

Bisher haben sich rund 1600 Versicherte in den beiden Bereichen eingeschrieben. Anders als bei Diabetes werden Rheumatiker durch den Arzt vermittelt. Da Rheuma keine Indikation des Disease-Management-Programms (DMP) ist, darf die Kasse die Patienten nicht selbst anschreiben.

Derzeit werde die nächste Indikation vorbereitet, so ein Sprecher. Für den Bereich koronare Herzkrankheit (KHK) wurden mehr als 14.000 Patienten identifiziert. Auch Brustkrebs-Vorsorge sei denkbar, sagt TK-Chefapotheker Tim Steimle. Auch über Asthma/COPD wird nachgedacht. Derzeit laufen Gespräche mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV), die nach dem Deutschen Apothekertag (DAT) in Düsseldorf fortgesetzt werden sollen.

Offen ist, ob zwei Termine ausreichen oder eine spezielle Patientenschulung benötigt wird. Bei den Gesprächen gehe es um Kosten sowie die Umsetzung in den Apotheken. Die Kasse hofft, im Frühjahr mit dieser Indikation zu starten.

Die Knappschaft-Bahn-See (KBS) bietet seit Anfang 2012 Medikationschecks an. Bisher wurden rund 21.000 Versicherte ausgewählt, die bei der hausarztzentrierten Versorgung oder beim Gesundheitsnetz Prosper/Pro Gesund mitmachen. In 90 Prozent der Fälle wurden die Anregungen aufgegriffen; in jedem fünften Fall konnten Auffälligkeiten in der Medikation reduziert werden. „Der Hausarzt ist bei Änderungen angehalten, diese mit dem Versicherten zu besprechen und den Medikationsplan abzuändern“, sagt eine Sprecherin. Verordnungsübersichten werden mit dem Einverständnis der Patienten fortlaufend versendet.

Ärzte erhalten für die Leistung ein Honorar zwischen 80 und 160 Euro. Die Höhe hängt etwa vom Zeit- sowie Beratungsaufwand ab. Die Mediziner müssen den Aufwand mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abrechnen. Dazu müsse die arztübergreifende Verordnungsübersicht vollständig ausgefüllt sein, so die Sprecherin. Wie viel Geld bislang gezahlt wurde, wollte die KVS nicht verraten. Eine Zusammenarbeit mit Apotheken sei aktuell nicht geplant: „Derzeit fokussieren wir uns auf die Zusammenarbeit mit den Ärzten im Rahmen der hausärztlichen Versorgung“, sagt die Sprecherin.

Ähnlich funktioniert das Konzept der AOK Rheinland/Hamburg. Die Kasse wählt potenzielle Teilnehmer in der Region Nordrhein aus und informiert die Mediziner. Wie viele Checks bereits durchgeführt wurden, war auf Nachfrage nicht zu erfahren. Vor anderthalb Jahren hatten rund 800 Hausärzte die Medikation von 1200 AOK-Versicherten überprüft. In jedem zweiten Fall sei der Medikationsplan daraufhin umgestellt worden. Dass die Kasse das Thema bei den Ärzten am besten aufgehoben sieht, hat mit der Vielzahl der Beteiligten zu tun: Laut AOK werden Patienten im Durchschnitt von bis zu vier Apotheken versorgt.

Für Privatversicherte bieten AXA und Gothaer gemeinsam mit der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft (HÄVG), ein Dienstleistungsunternehmen des Hausärzteverbands, bundesweit einen Arzneimittelservice für Privatversicherte an. Aktuell nehmen rund 4000 Ärzte teil. Der Vertrag läuft seit 2012 und ist bundesweit einheitlich. Ärzte können knapp 90 Euro abrechnen.

Um eine Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker geht es beim Modellprojekt ARMIN in Sachsen und Thüringen. In der Praxis ist die dritte Stufe, das Medikationsmanagement, aber noch nicht erprobt. Gestartet werden soll zunächst mit kleinen Teams. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) musste die Software zuvor noch prüfen und freigeben.

Das Projekt hatte in den vergangenen Jahren mehrere Hindernisse erlebt: Die Ärzteschaft hatte Vorbehalte, mit Apothekern zusammenzuarbeiten. Auch die Anbieter von Arzt-EDV konnten nur schwer von der Vernetzung der Heilberufe überzeugt werden.

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