Medikationsanalyse

BMWi: 140.000 Euro für Bienen-Projekt

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Berlin -

Die Apotheker bekommen beim E-Health-Gesetz keinen Fuß in die Tür. Die Regierung und ihre Bundestagsfraktionen wollen die Pharmazeuten bei der Erstellung des Medikationsplans nicht mit in die Verantwortung nehmen, geschweige denn für die Leistung vergüten. Apotheker Michael Grintz hat für seine Bienen-Apotheken ein eigenes Konzept der Medikationsanalyse aufgesetzt – und 140.000 Euro Förderung vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) dafür erhalten.

Ein richtiges Medikationsmanagement kann ohne die Apotheker nicht funktionieren, da sind sich eigentlich alle einig. Trotzdem werden sie im Gesetzgebungsverfahren ignoriert. Einen Vorstoß des Bundesrates zur Einbindung der Apotheker lehnte die Regierung ab. Auch die Hoffnung der ABDA auf das parlamentarische Verfahren schwindet: In den neun gemeinsamen Änderungsanträgen von Union und SPD finden die Apotheker erneut keine Fürsprache.

Genauso wie die Apothekerkooperation Linda mit ihrem Interaktionsregister wollte auch Grintz, Chef der Münchener Bienen-Apotheken, nicht länger warten und ist selbst aktiv geworden. In einem staatlich geförderten Netzwerk hat er eine Software zur Medikationsanalyse entwickeln lassen. Die Idee: Den Medikationsplan erstellt der Apotheker gemeinsam mit dem Patienten, die Auswertung übernimmt dann ApoDash, so heißt die Software. Die Medikationsberatung, wie Grintz es nennt, findet dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder in der Offizin statt.

Die intelligente Software verfolgt Grintz zufolge einen anderen Ansatz als der Interaktionscheck in der Apotheken-EDV. Beim Cave-Modul gebe es gerade bei Polymedikationen eine Überinformation, die am HV-Tisch kaum zu bewältigen sei. „Die Apotheke wird es schwer haben, das Medikationsmanagement vollständig in den laufenden Betrieb einzubauen“, so Grintz. Der Aufwand sei einfach zu groß.

In Zusammenarbeit mit Professor Dr. Benno Kotterba vom Institut für Assistenzsysteme und Qualifizierung (iAQ) in Karslruhe wurde daher ApoDash entwickelt. Das Konzept ist Teil eines staatlich geförderten ZIM-Netzwerkes, dem Grintz im vergangenen Jahr beigetreten ist.

ZIM steht für „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“ und ist beim BMWi angesiedelt. Mit den Fördermitteln hat Grintz drei Vollzeitkräfte eingestellt: einen Programmierer, eine auf Medikationsmanagament spezialisierte Apothekerin und eine Gesundheitsökonomin für den betriebswirtschaftlichen Teil des Projekts.

Der Patient wird in der Apotheke zur Teilnahme am Medikationsmanagement eingeladen. Mit seiner Zustimmung werden die Medikationsdaten aus der Kundendatei gemeinsam durchgesehen und gegebenenfalls ergänzt. Wenn bekannt, werden auch Dosierungen und der behandelnde Arzt hinzugefügt. Diese Daten werden an die Systemzentrale der Bienen-Apotheken, die Firma Apoja, übertragen. Aus Datenschutzgründen werden aber neben der Medikation lediglich Alter und Geschlecht des Patienten übermittelt, da dies für die Analyse relevant sein kann.

Die Software ApoDash prüft dann, ob die Arzneimittel zusammen passen und die Dosierungen logisch sind, und hinterfragt Doppeleinnahmen. Zudem gibt es Empfehlungen zu den Einnahmezeitpunkten und Vorschläge, um eine Tablettenteilung bei der Einnahme zu vermeiden. Die Datenbank sei „selbstlernend“, jede eingetragene Medikation fließe in künftige Analyse ein, so Grintz.

Das Ergebnis der Analyse kann der Apotheker auf ein „Medikationszertifikat“ drucken – eine Art Medikationsplan im Scheckkartenformat. Die Karten lassen sich laut Grintz mit einem handelsüblichen Laserdrucker bedrucken, die Rohlinge seien im Handel für kleines Geld zu erhalten. Der Patient habe seinen aktuellen Daten auf diese Weise immer dabei. Mehrere hundert solcher Medikationszertifikate hat die Apoja schon ausgestellt, die meisten kamen über die drei Bienen-Apotheken von Grintz.

Auch die Ärzte werden über das Ergebnis der Medikationsanalyse informiert – und zwar per Fax mit Empfangsbestätigung. Denn Apotheker sind Grintz zufolge gesetzlich verpflichtet, nicht nur den Patienten, sondern auch den Arzt zu informieren und zu beraten. „Das geschieht kollegial und seriös, das Fax ist professionell aufgemacht“, versichert der Bienen-Chef. Nur bei wirklich haarsträubenden Verordnungen gebe es eine andere Dringlichkeit.

Damit ist er bislang gut gefahren: Zwar meldeten sich nur die wenigsten Ärzte aktiv zurück, um sich für die Hinweise zu bedanken. Grintz reicht es aber, wenn er sieht, dass seine Ratschläge bei der nächsten Verordnung berücksichtigt wurden. „Natürlich gibt es auch einen Teil, der sich gestört fühlt. Aber da muss man als Apotheker selbstbewusst sein. Ich sage dem Arzt, dass ich zu der Mitteilung verpflichtet bin und dass er mit dem Fax machen kann, was er möchte“, so Grintz. Er stellt aber klar, dass der Apotheker nicht über die Medikation entscheide, sondern Patient und Arzt nur informiere.

Stärker einbinden wollte er die Ärzte in dieser Phase nicht: „Das ist ein bewusst apothekenzentriertes Projekt ohne Arzt und Laborwerte“, so Grintz. In einem zweiten Schritt kann er sich gut vorstellen, das Medikationsmanagement in einem Gespräch mit dem Arzt zu vertiefen. „Derzeit ist das aber nicht praxistauglich. Mir war wichtig, den ersten großen Schritt zu machen, mit dem sich 90 Prozent der Probleme bei der Medikation lösen lassen. Wenn das etabliert ist, können wir uns gerne um den Rest kümmern“, so Grintz.

Ein wichtiger Vorteil ist Grintz zufolge die Adhärenzbeobachtung. Wenn ein Patient seine Arzneimittel regelmäßig zu spät hole, falle das in der Praxis so gut wie nie auf, auch weil die Software nicht über die notwendigen Funktionen verfüge, erklärt Grintz. Asthma-Patienten, die ihren Inhalator nur im Akutfall verwendeten statt wie verordnet prophylaktisch, seien ein klassisches Beispiel.

Das Projekt ist nicht exklusiv für die Bienen-Apotheken, grundsätzlich kann jeder mitmachen. Das war auch eine Voraussetzung für die staatliche Förderung. Ob die Apotheker damit irgendwann direkt Geld verdienen, weiß Grintz nicht. Für ihn ist diese Frage aber auch zweitrangig: „Ein so versorgter Patient geht doch sowieso nie wieder in eine andere Apotheke.“ Er kann sich vorstellen, dass aktive Apotheken über entsprechende Listen bei den Krankenkassen empfohlen werden.

Apropos Krankenkassen: Grintz hat nach eigenen Angaben schon vielversprechende Gespräche geführt, aber vor allem private Versicherer seien interessiert. „Wenn alles gut läuft, kann es 2016 in ein konkretes Projekt gehen“, sagt Grintz.

Die Notwendigkeit für ein gutes Medikationsmanagement liegt für ihn auf der Hand: „Es ist ein Trugschluss, dass der Arzt bei allem, was er verschreibt, genau weiß, was er tut“, sagt Grintz. „Ich kann daher jeden nur ermutigen, in diesem Bereich aktiv zu werden, weil das die Zukunft der Pharmazie ist.“ Leider warteten zu viele Kollegen, bis jemand kommt, der ihnen sagt, was sie zu tun hätten.

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