Wirtschaftsminister Glawe (CDU) übernimmt auch Gesundheit Lothar Klein, 03.11.2016 07:55 Uhr
Zwei Monate nach der Landtagswahl ist in Mecklenburg-Vorpommern die Regierungsbildung abgeschlossen. Jetzt kommt das Kabinett in veränderter Zusammensetzung unter Leitung des wiedergewählten Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD) zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die Landesregierung wartet mit einer Besonderheit auf: Um das Gesundheitsressort kümmert sich künftig Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU).
Für den 67-jährigen Ministerpräsident Sellering ist es die dritte Amtszeit. Neuer Gesundheitsminister ist Glawe, der zugleich Wirtschaftsminister bleibt. Glawe, der Diplomkrankenpfleger ist und unter anderem an der Klinik für Neurologie und Psychiatrie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald arbeitete, hatte bei der Landtagswahl mit 42,8 Prozent das mit Abstand beste Einzelergebnis aller CDU-Kandidaten erzielt. Seine Position im Kabinett wurde aufgewertet, indem er vom Sozialministerium zusätzlich zum Wirtschaftsressort das Gesundheitsressort erhielt.
Zur gesundheitspolitischen Positionierung konnte das Wirtschaftsministerium des Landes noch keine Angaben machen. Auch auf der Internetseite fehlt das Thema Gesundheit noch in der Aufzählung der Aufgaben. Bekannt ist allerdings, dass Minister Glawe die Gesundheitsbranche des Landes in seiner Zuständigkeit für den Tourismus unter wirtschaftlichen Aspekten sieht. Zur Steigerung der Gästezahlen in den Herbst- und Wintermonaten will Glawe Tourismus und Gesundheitsangebote enger verzahnen. In den vergangenen beiden Jahren stiegen im Küstenland in den Monaten September, Oktober und November die Übernachtungen überproportional um 24 Prozent.
Von einer engeren Kooperation „können insbesondere der Tourismus und die Gesundheitswirtschaft profitieren. Es braucht vor allem auch in den kühleren Monaten individuelle auf Gäste zugeschnittene Angebote. Gerade im Wettbewerb mit anderen gilt es durch entsprechende Dienstleistungen, Gäste für das eigene Hotel oder die Pension zu begeistern. Touristische Einrichtungen, Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen und Universitätskliniken können hier noch intensiver Potentiale ausschöpfen“, sagte Glawe kürzlich.
In Mecklenburg-Vorpommern ist der Gesundheitstourismus ein Wachstumsmarkt. Mit einem Wertschöpfungsanteil von 4 Prozent an der gesamten Branche nimmt der Gesundheitstourismus in Mecklenburg-Vorpommern eine hohe Bedeutung ein. „Sein Beitrag zur gesamten Gesundheitswirtschaft ist mehr als doppelt so hoch wie im deutschlandweiten Vergleich“, so Glawe weiter. Die Beschäftigungsentwicklung im Gesundheitstourismus zeichnet sich darüber hinaus mit dem branchenweit höchsten Wachstum von jährlich durchschnittlich 5,6 Prozent aus. Ausgehend von rund 4400 Erwerbstätigen im Jahr 2000 konnte der Gesundheitstourismus mit einem Beschäftigungsaufbau von 5000 Arbeitsplätzen auf 9400 Erwerbstätige im Jahr 2014 einen wesentlichen Beitrag zum Arbeitsmarkt leisten.
Nicht bekannt ist bislang, wie Glawe zur Versorgung der Bevölkerung im dünnbesiedelten Mecklenburg-Vorpommern mit Arzneimittel und mit Arztpraxen steht. Im Koalitionsvertrag bekennt sich die neue Landesregierung zur Nutzung telemedizinischer Anwendungen, bei denen Mecklenburg-Vorpommern schon heute bundesweit einen Spitzenplatz einnehme. Dieser Weg solle durch das Nutzen der Chancen der Telemedizin und das Etablieren in der ambulanten und stationären Versorgung fortgesetzt werden.
Telemedizin könne dabei helfen, medizinische Spitzenversorgung auch in entlegenen Gebieten zu unterstützen. Elektronische Kommunikations- und Informationstechnologien könnten die Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Qualität der Gesundheitsversorgung weiter verbessern: „Digitale Medien werden die interdisziplinäre und sektorenübergreifende Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung stärken und neue Arbeitsplätze durch die Entwicklung von e-Health-Lösungen entstehen“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Die Koalitionspartner wollen ein Konzept „Telematik im Gesundheitswesen. Strategie zur Sicherung und Verbesserung der medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern einwickeln nach dem Motto: 'Lasst Daten reisen, nicht Patienten.'“ Rückgrat der ärztlichen Versorgung sind für die Landesregierung die Haus- und Fachärzte. Ausführlich beschäftigt sich der Koalitionsvertrag mit der Pflege älterer Patienten und der Palliativversorgung. Über Apotheken und die Arzneimittelversorgung findet sich im Vertrag kein Wort.
Bei den Landtagswahlen am 4. September holte die SPD um Ministerpräsident Erwin Sellering 30,6 Prozent und konnte sich somit als stärkste Partei in Mecklenburg-Vorpommern behaupten. Sie erhielt 26 Sitze. Die mitregierende CDU fiel auf 19 Prozent beziehungsweise 16 Sitze zurück. Neue zweitstärkste Kraft ist die AfD. Die Partei erreichte aus dem Stand 20,8 Prozent der Stimmen, was 18 Sitzen im Parlament entspricht. Für die Linke stimmten 13,2 Prozent; auf die Partei entfallen demnach 11 Sitze. Die Grünen erreichten 4,8 Prozent und verpassten damit knapp den Einzug ins Parlament. Im Vergleich zu den vorangegangenen Landtagswahlen im Jahr 2011 mussten alle Parteien im Landtag Verluste hinnehmen: Die SPD holte knapp 5 Prozentpunkte weniger als vor fünf Jahren. Die CDU verlor 4 Prozentpunkte. Die Linke stürzte um 5,2 Prozentpunkte ab.