Masken-Beschaffung: Lauterbach verspricht Aufklärung Patrick Hollstein, 30.03.2024 08:32 Uhr
Schon kurz nach seinem Amtsantritt hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine vollständige Aufarbeitung der Corona-Maskenbeschaffung durch sein Ministerium versprochen. Passiert ist seitdem nichts, doch jetzt wird der Druck größer. Alles werde zu 100 Prozent aufgeklärt, nichts werde zurückgehalten, schrieb der SPD-Politiker am Freitag auf der Plattform X (vormals Twitter).
Lauterbach reagierte damit auf einen neuen Bericht des Bundesrechnungshofs (BRH) vom Donnerstag, über den zunächst der „Spiegel“ berichtete. Der BRH übt darin scharfe Kritik an der Maskenbeschaffung durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in der Corona-Pandemie. Das Ministerium beschaffte dem Bericht zufolge im Jahr 2020 unter dem damaligen Ressortchef Jens Spahn (CDU) Schutzausrüstung für 6,7 Milliarden Euro. Es seien allein 5,7 Milliarden Schutzmasken angeschafft worden, von denen jedoch nur 2 Milliarden verteilt worden seien – davon 1,7 Milliarden in Deutschland.
„Es ist nicht festzustellen, wie viele tatsächlich genutzt wurden und zur effektiven Pandemiebekämpfung beitrugen. 1,2 Milliarden Schutzmasken wurden inzwischen vernichtet, weitere 1,7 Milliarden sind dafür vorgesehen“, heißt es in dem Bericht.
Die Folgekosten für die Verwaltung dieser sogenannten Überbeschaffung beliefen sich demnach bis Ende 2023 auf 460 Millionen Euro. Für die 800 Millionen noch verwendbaren Masken gebe es kein Nutzungs- und Verteilungskonzept.
Keine kritische Auseinandersetzung
Der BRH verweist in seinem Bericht zwar auf die vor allem in den ersten Monaten des Jahres 2020 große Ungewissheit über Schwere und Verlauf der Pandemie. Viele Entscheidungen seien aber gerade nicht in den schwierigen ersten Wochen der Pandemie entstanden. „Der Bundesrechnungshof vermisst insoweit eine angemessene kritische Auseinandersetzung des BMG mit diesen Vorgängen“, heißt es darin.
Das Ministerium solle seine Beschaffung während der Pandemie und Folgemaßnahmen kritisch aufarbeiten und für künftige Krisenlagen rechtssichere Strategien entwickeln, heißt es in dem Bericht.
Lauterbach schrieb bei X, bislang sei bei der Aufarbeitung noch nicht alles auf den Tisch gekommen, weil das Ministerium noch in Schadensersatzklagen in dreifacher Millionenhöhe stecke. „Wir können nicht offenlegen, wo wir noch in laufenden Prozessen kämpfen.“
Zu Beginn der Corona-Pandemie hatte der Staat händeringend nach Schutztextilien gesucht. In vielen Fällen verweigerte das Ministerium später die Bezahlung der Waren und berief sich auf Qualitätsmängel, die es nach Darstellung zahlreicher Händler aber gar nicht gegeben hatte. Dutzende Lieferanten und Händler reichten Klagen gegen das Gesundheitsministerium ein.
Komplexe Materie
Nachdem Lauterbach kurz nach Amtsantritt eine lückenlose Aufklärung versprochen hatte, passierte nichts. „Die Prüfungen laufen und finden statt. Die Materie ist sehr komplex“, sagte er später auf Nachfrage. Er versicherte, man arbeite eng zusammen „mit den Behörden und Journalisten, die sich dafür interessieren“. Aber: „Es ist noch nicht der Aufklärungsstand erreicht, der es mir erlauben würden, Genaueres zu sagen.“ Er sei nicht nur überrascht gewesen, wie komplex die Materie sei, sondern auch darüber, welchen Umfang diese Beschaffungsschwierigkeiten damals gehabt hättenund wie viele Vergleichsverfahren anhängig seien.