Ärzte: Streit um Pflicht-Bereitschaftsdienste dpa, 10.02.2017 14:24 Uhr
Apotheker müssen oft Notdienste übernehmen, zum Teil jede Woche. Die Ärzte in Mainz waren von Bereitschaftsdiensten meist ausgenommen, weil ein Zentrum diese organisierte. Nun aber sollen sie ab und zu in den Nächten und am Wochenende ran.
Wer außerhalb der Sprechzeiten einen Arzt sehen möchte, aber nicht lebensbedrohlich erkrankt ist, kann zum ärztlichen Bereitschaftsdienst gehen. Doch in Mainz wollen die bisherigen Ärzte in der ambulanten Versorgung in der Nähe des St. Vincenz und Elisabeth Hospital nicht weiterarbeiten. Deswegen sollen ab April alle niedergelassenen Ärzte Dienste übernehmen, wie aus einem Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) an die Mediziner hervorgeht. Das halten viele Ärzte für eine schlechte Idee.
„Jeder schimpft“, sagte eine Ärztin für Allgemeinmedizin. Ihr und den Kollegen werde nun vorgeschrieben, wann sie für Nacht-, Feiertags- und Wochenenddienste zu der ärztlichen Bereitschaftsdienstzentrale (BDZ) kommen müssten. Ein Mainzer Facharzt ärgert sich darüber, dass sich nun Pathologen, Augenärzte, Psychotherapeuten und Hautärzte, die teils seit Jahrzehnten nichts anderes machten, um akute Fälle wie etwa eine Bronchitis kümmern sollen. „Die Qualität wird ganz stark sinken“, fürchtet er.
Dabei sind die niedergelassenen Ärzte zu Notfalldiensten verpflichtet. Sowohl die Bereitschaftsdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz als auch die Berufsordnung für Ärzte in Rheinland-Pfalz schreibt das vor. In letzterer heißt es außerdem: „Ärztinnen und Ärzte haben sich auch für den Notfalldienst fortzubilden“.
Die KV, welche die ambulante Versorgung organisiert, erklärt, dass auch in anderen Regionen von Rheinland-Pfalz eine solche Vergabe über ein Online-System passiere und sich bewährt habe. Deswegen soll am Montag ein Gespräch mit den Ärzten geführt werden, um Missverständnisse auszuräumen. Richtig sei, dass ab 1. April die Dienste primär an die niedergelassenen Ärtze vergeben würden. Blieben diese unbesetzt, könnten externe Ärzte gebucht werden. „Dies schafft Transparenz in der Vergabe von Diensten.“
Eine solche Online-Vergabe wird zum Beispiel auch in Baden-Württemberg verwendet. Ein Sprecher der KV Baden-Württemberg sagte, dass die Ärzte, die einen Dienst nicht übernehmen möchten, diesen abgeben oder tauschen können. Andere Ärzte können mehrere Dienste übernehmen. „Ein Großteil der Ärzte macht keine Dienste, sondern lässt sich vertreten“, sagte er. Das funktioniere gut.
In Mainz haben bislang vor allem Mediziner ohne Niederlassung in der Region die Dienste in der BDZ übernommen – manche so häufig, dass dies zu ihrem Haupterwerb wurde. Wie Stefan Regner, der ärztliche Leiter der BDZ in Mainz an seine Kollegen schreibt, findet er nun aber nicht mehr ausreichend Mitstreiter. „Seit Herbst vergangenen Jahres gibt es massive Probleme, Dienste zu besetzen.“ Jeder Kollege solle deswegen zwei bis drei Dienste pro Jahr übernehmen.
Als Gründe für die Probleme nennt Regner: Die Dienste seien unattraktiver, weil seit September nach Mitternacht nur noch ein Arzt im Zentrum arbeite statt zwei. Die Vergütung pro Stunde für externe Ärzte sei um zehn Prozent gekürzt worden. Und Ärzte ohne Niederlassung suchten sich lieber ruhigere BDZs auf dem Land – die Vergütung sei dort nämlich gleich hoch. In dem Brief steht auch der Verdienst: Dienstverpflichtete Ärzte erhalten ein Stundenhonorar von 50 Euro, plus 30 Prozent an hohen Feiertagen.
Eine Patientin erzählt, sie sei vor einem halben Jahr mit einer Gallenkolik zur BDZ Mainz gegangen. Die Ärztin dort, eine Umweltmedizinerin, habe sie nicht einmal abgetastet. „Das war nicht so hilfreich.“ Auch gebe es in der BDZ weder ein Ultraschall- noch ein Röntgengerät. Deswegen sei sie dann lieber in die Notaufnahme des direkt dahinter liegenden Katholischen Klinikums Mainz gegangen.