Rabattverträge

AOK trennt Lyrica und Generika

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Berlin -

An diesem Mittwoch entscheidet das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, wie Krankenkassen mit der patentgeschützten Indikation bei Pregabalin umzugehen haben. Der Originalhersteller Pfizer streitet sich in dem Verfahren mit der KKH. Die AOK Baden-Württemberg schreibt den Wirkstoff derweil neu aus: getrennt nach Anwendungsgebiet.

Pregabalin ist seit einem Jahr patentfrei – als Zusatztherapie bei partiellen epileptischen Anfällen mit und ohne sekundäre Generalisierung sowie zur Behandlung von generalisierter Angststörung. Die Anwendung zur Behandlung neuropathischer Schmerzen hat Pfizer allerdings noch exklusiv; vier von fünf Verordnungen entfallen Schätzungen zufolge auf die geschützte Indikation.

Pfizer kämpft vor Gericht in mehreren Verfahren um sein Second-Medical-Use-Patent. Streitig ist beispielsweise, ob Kassen Rabattverträge über den Wirkstoff ausschreiben dürfen, ohne auf die Indikation einzugehen. Mehrere Ausschreibungen wurden vor der Vergabekammer des Bundes angegriffen. Mit Spectrum K und GWQ einigte sich der Hersteller in einem Vergleich, die KKH kämpft in Düsseldorf um einen Rabattvertrag für den Wirkstoff.

Parallel will der Konzern Generikaherstellern untersagen lassen, solchen Vereinbarungen beizutreten. Im April stärkte das Landgericht (LG) Hamburg dem Konzern den Rücken: So müssen Ratiopharm, Hexal/1A, Aliud und Glenmark bei Rabattverträgen explizit darauf hinweisen, dass ihr Generikum nicht für die geschützte Indikation eingesetzt werden darf. Ein Teil der Firmen hat sich der einstweiligen Verfügung unterworfen, andere sind vor das Hanseatische OLG gezogen. Hexal will das Patent sogar für nichtig erklären lassen.

Bislang haben die Kassen nur Open-House-Rabattverträge für Pregabalin geschlossen, darunter auch die AOK Nordost, die AOK Hessen und die AOK Sachsen-Anhalt. Die AOK Baden-Württemberg hat sich jetzt der Sichtweise von Pfizer unterworfen und den Wirkstoff für sich selbst und die AOK Nordwest zweimal ausgeschrieben: Am Wettbewerb um die patentfreien Indikationen können sich die Generikahersteller beteiligen, an der Ausschreibung im dritten Anwendungsgebiet neben dem Originalhersteller nur die Reimporteure. Die Bewerbungsfrist endet am 25. November; die Verträge sollen im kommenden April in Kraft treten und zwei Jahre laufen. Den Generikaanbietern wird innerhalb der Indikationen eine Umsetzungsquote von 70 Prozent in Aussicht gestellt.

Wie gewährleistet werden soll, dass die Rabattverträge entsprechend bedient werden, ist unklar. Pfizer hatte die ABDATA bereits vor einigen Monaten aufgefordert, einen Hinweis auf den Patentschutz in die Software aufzunehmen. In Eschborn wies man daraufhin, dass solche zusätzlichen Informationen nicht abzubilden seien; die Verhandlungen dauern an.

Nur Lauer-Fischer hat sich bislang dem Druck des Konzerns gebeugt: Seit August erhalten Anwender von Winapo einen Hinweis, dass sie Lyrica nicht immer austauschen dürfen: „Behandlung neuropathischer Schmerzen: Patentschutz für Lyrica beachten!“ Pfizer und die Tochterfirma Warner-Lambert weisen auf den Patentschutz hin und dass die Therapie dann ausschließlich mit Lyrica erfolgen dürfe.

Die Indikation ist in den Apotheken allerdings in den meisten Fällen überhaupt nicht bekannt. Insofern müssten die Ärzte den Rabattvertrag bei der Verordnung berücksichtigen. Der Patent- und Arzneimittelmittelrechtsexperte Peter von Czettritz von der Münchener Kanzlei Preu Bohlig & Partner rät Apothekern ohnehin dazu, zuvorderst darauf zu achten, nicht gegen die sie direkt betreffenden Verpflichtungen zu verstoßen.

Ohnehin ist die Rechtslage unklar: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte schon 2009 nach längerem Streit zwischen AOK und Pro Generika klargestellt, dass für den Austausch kein deckungsgleicher Indikationsbereich vorliegen muss. Bereits eine Überschneidung im Anwendungsgebiet sei ausreichend, um Rabattverträge zu bedienen, hieß es damals aus dem BMG. Insofern ergäben sich weder haftungsrechtliche Konsequenzen, noch sei eine Verunsicherung der Patienten wahrscheinlich.

Entsprechend wurden bei Ausschreibungen bislang nur vereinzelt konkrete Indikationen abgerufen. Die AOK schlägt mit ihrer Ausschreibung ein neues Kapitel auf.

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