Arzneimittelschmuggel

Lunapharm-Skandal: Woidke erwartet Golzes Rücktritt

, Uhr aktualisiert am 09.08.2018 16:20 Uhr
Neuruppin -

Im Medikamentenskandal schließt Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) eine Kabinettsumbildung nicht aus. Zunächst solle der bis Ende August erwartete Bericht der Expertenkommission zu dem Skandal abgewartet werden, derzeit werde über einen Personalwechsel nicht gesprochen. „Es kann aber sein, dass Ende August das Kabinett nicht mehr so aussieht wie heute“, sagte Woidke am Rande seiner Sommerreise in Neuruppin. Damit gerät Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) immer stärker unter Druck. Ihre Verwaltung war lange Zeit nicht gegen einen mutmaßlich illegalen Handel mit Krebsmedikamenten vorgegangen.

Im Zentrum stehe derzeit die Aufklärung und die Frage, wie so etwas künftig vermieden werden könne, sagte Woidke. Diese Aufklärung hätten externe Experten übernommen. Auf entsprechende Nachfrage schloss er aber auch nicht aus, dass das Gesundheitsministerium in der rot-roten Koalition künftig wieder von der SPD geführt werde. Der Skandal sei nicht nur eine riesengroße Belastung für die Koalition, sondern auch für die Verwaltung insgesamt, sagte Woidke.

In dem Skandal soll das Brandenburger Pharmaunternehmen Lunapharm jahrelang in Griechenland gestohlene Krebsmedikamente an Apotheken in mehrere Bundesländer ausgeliefert haben. Womöglich wurden die Medikamente falsch gelagert und die Wirkung fehlte. Obwohl die Behörden bereits 2016 erste Hinweise auf illegale Machenschaften hatten und die Staatsanwaltschaft ermittelte, wurden die Medikamente weder zurückgerufen noch der Firma das Weiterarbeiten untersagt.

Die seit 2014 amtierende Golze war nach eigenen Angaben lange Zeit nicht informiert worden. Sie galt als Hoffnungsträgerin der Linken in Brandenburg. Im März war sie zur Landeschefin der Linken gewählt worden und wurde bereits als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im Herbst kommenden Jahres gehandelt. Der Medikamentenskandal könnte den steilen Aufstieg beenden.

Unterdessen haben die AfD-Landtagsabgeordneten Rainer van Raemdonck und Birgit Bessin vor dem Landesverfassungsgericht Klage erhoben, um Akteneinsicht in den Skandal zu erhalten. Die beiden Abgeordneten hätten ein Eilverfahren angestrengt, bestätigte ein Sprecher des Gerichts am Mittwoch. Nun habe das Gesundheitsministerium zunächst bis Ende der Woche Zeit, dazu Stellung zu nehmen. Daher gebe es noch keinen Termin für eine Entscheidung des Gerichts, sagte der Sprecher.

„Meiner Fraktion wird seit nunmehr über 14 Tagen der Blick in die Akten des Gesundheitsministeriums verwehrt“, sagte van Raemdonck. Damit würden die Abgeordneten in ihren parlamentarischen Rechten beschnitten.

Ministeriumssprecherin Marina Ringel erklärte dagegen, die Akteneinsicht werde nicht verwehrt. „Die AfD-Fraktion hat in mehreren Schreiben mitgeteilt bekommen, dass sich das Begehren in Prüfung befindet“, teilte Ringel auf Anfrage mit. „Mit dem Abschluss dieser Prüfung ist in den nächsten Tagen zu rechnen.“

Golze sagte dem Rundfunksender rbb, die Aufklärung brauche Zeit. Die beauftragten Experten hätten signalisiert, dass sie bis Ende August benötigten, sagte die Ministerin. „Wer eine wirkliche, tiefgründige Aufklärung haben möchte, der muss uns auch die Zeit dafür geben“, meinte Golze. „Die Task-Force arbeitet und wir gehen davon aus, dass wir Ende August in einem Sonderausschuss dann den Bericht vorlegen können.“

Mit einer Videobotschaft hat Golze heute ein weiteres Mal ihren Willen zur Aufklärung der Vorgänge bekräftigt: „Ich habe den Patientinnen und Patienten versprochen, den Vorgang ernsthaft aufzuklären und alles dafür zu tun, dass sich ein solcher Fall in Brandenburg nicht wiederholen kann. Dieses Versprechen möchte ich einlösen. Darin sehe ich meine Verantwortung als Ministerin.“ Den von Teilen der Opposition geforderten Rücktritt wegen des Skandals hat die Ministerin abgelehnt. Das würde sie als Flucht vor der Verantwortung ansehen. „Dazu bin ich nicht bereit“, sagte sie in der Videobotschaft.

Die Oppositionsfraktionen von CDU und AfD im Landtag wollen allerdings bereits für kommende Woche eine Sondersitzung des Gesundheitsausschuss beantragen, falls Golze nicht bis Ende dieser Woche Ergebnisse vorlegt. Der Sonderausschuss soll dann voraussichtlich am Donnerstag kommender Woche tagen.

Nach der rechtspopulistischen AfD fordert nun auch die CDU die Entlassung der Ministerin. „Es ist ein Skandal, dass das Ministerium der Meinung ist, betroffene Patienten nicht informieren zu müssen“, erklärte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben bei Facebook. Zuvor hatte er bereits der „Märkischen Oderzeitung“ gesagt, Regierungschef Dietmar Woidke solle Golze entlassen. Die Linken-Politikerin ist auch eine der beiden Vorsitzenden der Linkspartei in Brandenburg und wurde lange Zeit als Spitzenkandidatin für die nächste Landtagswahl gehandelt.

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