Medikamenten-Skandal

Lunapharm-Prozess: Chefin sieht sich als Opfer Julia Germersdorf, 19.10.2023 17:51 Uhr aktualisiert am 20.10.2023 11:58 Uhr

Im Prozess gegen Lunapharm hat die Verteidigung der 56-jährigen Geschäftsführerin, Susanne Krautz-Zeitel, eine umfangreiche Aussage der Frau angekündigt. Foto: Cato
Berlin - 

Im Prozess zu dem Medikamentenskandal um den brandenburgischen Pharmagroßhändler Lunapharm hat die angeklagte Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in vollem Umfang zurückgewiesen. „Ich bin überzeugt, dass ich mich nicht rechtswidrig verhalten habe“, sagte die 56-Jährige am Freitag vor der 4. Strafkammer des Landgerichts Potsdam.

In einer umfangreichen Erklärung schilderte die Geschäftsführerin, dass sie nur mit den erforderlichen Genehmigungen Handel mit günstigen Arzneimitteln aus dem EU-Ausland betrieben habe. „Aus meiner Sicht ist hier nichts getäuscht worden“, betonte Krautz-Zeitel. Die Medikamente seien in allen Fällen vollkommen in Ordnung und wirksam gewesen.

Anfang 2017 habe das Landesgesundheitsamt (LAVG) als Aufsichtsbehörde verlangt, dass der Bezug bei einer Apotheke in Athen enden müsse, da diese keine Großhandelserlaubnis gehabt habe. Man habe daraufhin einen neuen Vertragspartner gesucht und auch gefunden und die Ware nicht mehr von der Apotheke, sondern von dem zyprischen Unternehmen Gnomon bezogen. „Dieses verfügte über die geforderte Genehmigung.“

Krautz-Zeitel berief sich drauf, dass sie auf Wunsch des Landesgesundheitsamts auf den Vertriebspartner in Zypern umgeschwenkt
sei. Wenn dieser die Medikamente wieder von der griechischen Apotheke bezogen haben sollte, sei ihr das nicht vorzuwerfen. Das Unternehmen „war mein Vertragspartner mit allen erforderlichen Genehmigungen und ich muss nicht nachprüfen, woher dieser die Medikamente bezieht“, sagte Krautz-Zeitel.

Der Großhändler habe der Apotheke Vollmacht für die Lieferung der Medikamente erteilt. „Es geht also lediglich ganz formal um Angaben auf Rechnungen und Lieferscheinen, also solche, die der deutsche Käufer oder der Arzt oder der Patient nicht einmal zur Kenntnis nimmt.“

Auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft beteuerte die Angeklagte auch, sie habe nicht gewusst, von welchem Ort aus die Medikamente verschickt wurden: „Die Übergabe erfolgte bei uns im Haus“, erklärte Krautz-Zeitel dazu lediglich.

Laut Anklage wurden die Lieferungen über den Großhändler aber nur verschleiert. Die Anklage lautet auf Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz. Dazu ist ein Rechtsanwalt aus Hessen als mutmaßlicher Mittäter angeklagt.

Im Sommer 2018 hatte ein Bericht des ARD-Magazins „Kontraste“ den Fall öffentlich gemacht. Dabei wurde auch über Untersuchungen in Griechenland wegen angeblichen Diebstahls und falscher Lagerung von Krebsmedikamenten berichtet. Daraufhin habe ihr das Landesgesundheitsamt den Handel und die Herstellung von Arzneimitteln verboten, klagte die Geschäftsführerin: „Nur aufgrund der Vorwürfe in einer Fernsehsendung.“ Seitdem habe sie faktisch Berufsverbot und müsse vom Einkommen ihres Ehemanns leben, sagte sie.

Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) musste im August 2018 zurücktreten, weil das Landesgesundheitsamt angeblich trotz frühzeitiger Hinweise auf einen illegalen Handel nicht ausreichend eingeschritten sein soll. Dafür hatte Golze die politische Verantwortung übernommen.

Für den Prozess sind noch 18 Verhandlungstage anberaumt. Ein Urteil könnte dann Anfang März gesprochen werden.