Personalwechsel beim LAVG

Lunapharm: Gericht lässt Handel vorerst wieder zu

, Uhr aktualisiert am 03.08.2018 13:17 Uhr
Berlin -

In der Lunapahrm-Affäre gibt es erneut eine überraschende Entwicklung: In dem vor dem Verwaltungsgericht Potsdam laufenden Eilverfahren gegen den Entzug der Betriebserlaubnis hat Lunapharm einen Teilerfolg erzielt. Der durch seinen mutmaßlich illegalen Medikamentenhandel bekannt gewordene Pharmahändler darf offensichtlich erst einmal weiterarbeiten. Wie der Sprecher des Verwaltungsgerichts Potsdam, Matthias Scharf, der Lausitzer Rundschau bestätigte, habe das Gericht das Gesundheitsministerium gebeten, den sofortigen Vollzug der Aufhebung der Betriebserlaubnis auszusetzen.

Eine Entscheidung über das Verfahren soll in der nächsten Woche fallen. Die Sprecherin des Potsdamer Gesundheitsministeriums, Marina Ringel, erklärte gegenüber der Zeitung zunächst, dass der Bescheid gegen das Unternehmen „gegenwärtig wirksam“ sei. Auf weitere Nachfrage bestätigte sie allerdings, dass es üblich sei, dass das Gericht bei der Zustellung eines bei Gericht eingegangenen Eilantrages dem Antragsgegner aufgebe, bis zur Gerichtsentscheidung keine Vollziehung durchzuführen – und dies sei auch in diesem Fall geschehen. Eine Begründung dafür nannten weder das Verwaltungsgericht noch das Ministerium – doch am Ende könnte der ganze Vorgang auch auf Zweifel des Gerichts an der Rechtmäßigkeit des Entzugs der Lunapharm-Betriebserlaubnis hindeuten. Damit geriete Ministerin Diana Golze (Die Linke) noch stärker unter politischen Druck.

Nach Angaben aus dem LAVG steht der vorgezogenen Amtswechsel auf der Abteilungsleiterposition aber nicht im Zusammenhang mit der Lunapharm-Affäre. Der Amtswechsel erfolge aufgrund von Resturlaub von Ellsäßer, hieß es. Übernommen hat ihren Posten dem Vernehmen nach Katarina Weisberg, Abteilungsleiterin Zentrale Dienste. Weisberg ist keine Pharmazeutin oder Medizinerin.

Vor zwei Tagen erst hatte die Staatsanwaltschaft Neuruppin die Ermittlungen gegen den ehemaligen Dezernenten der Aufsichtsbehörde LAVG und zwischenzeitlichen Referenten im Gesundheitsministerium und eine zweite Mitarbeiterin des LAVG eingestellt, weil sich kein Anfangsverdacht ergeben hatte. Gesundheitsministerin Diana Golze (Die Linke) zeigte sich darüber erleichtert. Damit stellt sich aber umso mehr die Frage nach der Verantwortlichkeit für die Pannen. Die Opposition will Golze erneut vor den Gesundheitsausschuss zitieren. Ende August soll dort der Bericht der eingesetzten Task Force vorgelegt werden. Mitglied der Task Force ist unter anderem Professor Dr. Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). Neben ihm wurden weitere externe Experten gewonnen. Leiter ist Dr. Ulrich Hagemann, Abteilungsleiter a.D. des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Er hat laut Ministerium sowohl das notwendige fachliche Wissen als auch langjährige Verwaltungserfahrung.

 

Hagemann: „Wir haben es heute in Deutschland mit seiner föderalen Struktur sowie in der EU mit sehr komplexen Regelungssystemen zu tun. Diese betreffen die Arzneimittelsicherheit und Produktqualität wie auch die Vertriebswege in einem gemeinsamen EU-Markt. Damit werden hohe Anforderungen an alle Beteiligten gestellt. Die Task Force im MASGF will die Verfahrensabläufe und Entscheidungen zum aktuellen Fall von Arzneimittel-Importen analysieren und mit Anregungen einen Beitrag dazu leisten, dass hier sichere und einwandfreie Arzneimittel aus kontrollierten Vertriebswegen zur Behandlung der Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen.“

Die Task Force will herausfinden, ob und in welchem Umfang es Defizite bei der Aufsichts- und Kontrollausübung durch das MASGF und das LAVG gab. Sie soll Empfehlungen erarbeiten, damit ein umfassender Schutz von Patienten gewährleistet und Ärzten sowie Apothekern höchstmögliche Sicherheit gegeben werden kann. Das beinhaltet Vorschläge zum Reformbedarf bei den bestehenden EU- und bundesrechtlichen Regelungen.

Neben Hagemann und Schulz gehören der Task Force folgende Mitglieder an: Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Schwerpunkte medikamentöse Therapiestrategien in der Hämatologie und Onkologie, Arzneimittelqualität, Patientinnen- und Patientenschutz, Almuth Hartwig-Tiedt, Staatssekretärin im MASGF des Landes Brandenburg, Liane Klocek, Präsidentin des Landesamtes für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg (LASV), Susanne Köhler, Leiterin des Justiziariats des MASGF und Ernst-Friedrich Pernack, Leiter des Referats Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, Produktsicherheit im MASGF, beratend für Organisations- und Fachaufsichtsfragen.

Welche neue Aufgabe der ehemalige Dezernent im LAVG übernimmt, ist nicht bekannt. Wie es heißt, wird er aber nicht in seine alte Funktion als zuständiger Dezernatsleiter für die Arzneimittelaufsicht zurückkehren. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin teilte vor zwei Tagen mit, es habe sich auch nach Prüfung zahlreicher Unterlagen kein Anfangsverdacht wegen Bestechlichkeit gegen die beiden zuvor angezeigten Mitarbeiter ergeben. Aus den Unterlagen gehe vielmehr hervor, dass die Mitarbeiter sich um die Aufklärung von Herkunft und Vertriebswegen der aus Griechenland stammenden Medikamente bemüht hätten, so die Staatsanwaltschaft. Zudem gebe es keinerlei „Hinweise auf das Anbieten, Versprechen oder Gewähren von Vorteilen in diesem Zusammenhang“. Ob die beiden Mitarbeiter des LAVG ihre dienstlichen Aufgaben sinnvoll und korrekt erfüllt haben und auch ihren Informationspflichten nachgekommen sind, sei von der Staatsanwaltschaft nicht geprüft worden, weil dies nicht ihre Aufgabe sei.

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