Lockdown lässt Arztbesuche zurückgehen Alexandra Negt, 25.11.2020 08:50 Uhr
Der Teil-Lockdown scheint positive Auswirkungen auf die Fallzahlen der akuten Atemwegsinfekte zu haben – insbesondere Influenzaviren scheinen aktuell keine Chance zu haben. Vergleicht man die 46. Kalenderwoche 2020 mit der aus dem vergangenen Jahr, so stellt man fest, dass die Grippesaison in diesem Jahr langsamer startet. 2019 ist die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen im November kontinuirlich weiter angestiegen – in diesem Jahr sinkt die Aktivität. Arztbesuche aufgrund von akuten Atemwegserkrankungen gehen zurück.
Die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen (ARE-Raten) in der Bevölkerung ist laut Wochenbericht des Robert-Koch-Institutes in der 46. KW 2020 im Vergleich zur Vorwoche bundesweit gesunken. Es wurden auch weniger Arztbesuche aufgrund einer akuten Atemwegsinfektion verzeichnet. Auch die Zahl der stationär behandelten Fälle mit akuten respiratorischen Infektionen (SARI-Fälle) ist nur leicht angestiegen. Eine Ausnahme bildet die Altersgruppe der 35 bis 59-Jährigen – hier sind die Fälle weiter stark angestiegen und befinden sich aktuell auf dem Niveau zum Höhepunkt der Grippewellen der Vorjahre.
Der Anteil an Covid-19-Erkrankungen bei SARI-Fällen ist leicht gestiegen und liegt bei 53 Prozent. Im Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für Influenzaviren wurden in der 46. Kalenderwoche insgesamt 67 Sentinelproben eingesendet. In keiner dieser Sentinelproben wurden in dieser Woche Influenzaviren nachgewiesen. In 6 Prozent der Proben konnte Sars-CoV-2 nachgewiesen werden. In 44 Prozent wurden respiratorische Viren identifiziert. Insgesamt wurden für die 46. Kalenderwoche nur 15 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle an das RKI übermittelt. In der 46. Meldewoche 2019 wurden 97 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle an das RKI übermittelt. Vor einem Jahr gab es demnach mehr als sechsmal so viele bestätigte Grippefälle.
Über tatsächliche Influenzaausbrüche, beispielsweise in Kindergärten oder Krankenhäusern, wurde bisher nicht berichtet. Solche Ausbrüche konnten in den vergangenen Jahren immer wieder dokumentiert werden. 2019 wurden in der 46. Kalenderwoche beispielweise zwei Ausbrüche gemeldet – einer in einem Hort, der andere in einer Klinik. In der vergangenen Saison datierte das RKI den tatsächlichen Beginn der Grippewelle auf die zweite Kalenderwoche 2020. Die Influenza-Positivenrate lag zwischen dem 4. Und 10. Januar bei 28 Prozent. Zuvor blieben die Infektionszahlen weitestgehend gering.
Der Beginn der Grippesaison richtet sich nach dem Anteil der Sentinelproben, in denen Influenzaviren nachgewiesen worden sind. Das RKI definiert den Beginn wie folgt: „Der Beginn der Grippewelle auf Bevölkerungsebene orientiert sich an der Influenza-Positivenrate der virologischen Sentinelsurveillance. Sobald der Wert für die untere Grenze des Vertrauensbereichs zwei Wochen in Folge über 10 Prozent liegt, beginnt die Grippewelle mit der ersten dieser beiden Wochen.“
Betrachtet man die vergangene Grippesaison, so zählt das RKI rund 182.000 Erkrankungen. 40.000 der labordiagnostisch bestätigten Fälle waren hospitalisiert. Die meisten labordiagnostisch bestätigten Fälle wurden in der 8. Kalenderwoche 2019 gemeldet. Hier beliefen sich die Zahlen auf rund 26.000 Fälle. In über 180.000 Fällen wurde der Erreger bestimmt. In der Grippesaison 2018/2019 erkrankten die meisten Menschen an Influenza A.
In den meisten Jahren wird der Höhepunkt der Grippesaison im Januar erreicht. Aufgrund der aktuellen Infektionszahlen scheint die diesjährige Grippewelle noch auf sich warten zu lassen. Der Teil-Lockdown und die zusätzlichen Hygienemaßnahmen sorgen dafür, dass sich weniger Menschen anstecken. Die strengeren Hygienekonzepte könnten auch Ausbrüche in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern vermeiden. Zusätzlich könnte die gesteigerte Impfbereitschaft das Infektionsgeschehen eindämmen.