Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Verfügbarkeit von kostenlosen Corona-Selbsttests für die breite Bevölkerung auch von den Marktpreisen abhängig machen. „Die Frage der Bezuschussung des Erwerbs hängt sehr von den Preisen ab“, sagte der CDU-Politiker bei einer Befragung der Bundesregierung im Bundestag. Noch wisse man nicht, wie teuer die bereits zugelassenen Tests im Einzelhandel seien. Entsprechend müsse man auch die Frage nach der Bezuschussung besprechen, und ob die Tests auch für jedermann kostenfrei sein sollten.
Ob die Tests kostenlos an die Bevölkerung abgegeben werden, ist laut Spahn noch nicht entschieden: „Ob und in welchem Umfang Tests finanziert werden für jedermann, hängt auch von den tatsächlichen Marktpreisen ab.“ Wenn Discounter Tests für 1,99 Euro anbieten könnten, sei die Situation eine andere, als wenn sie zehn Euro kosteten. Spahn fügte hinzu: „Kostenlos ist nichts, einer zahlt immer“, deswegen müsse man das besprechen.
Beim Einsatz von Schnelltests betonte Spahn, man sei bewusst einen anderen Weg als Österreich gegangen, wo die Tests schon länger zugelassen sind. Er lege persönlich wert darauf, dass Studie eingereicht werden, sagte Spahn, und die Tests ordentlich zugelassen werden. Das sei jetzt in drei Fällen erfolgt, weitere würden schnell folgen. Wenn die Tests als Mittel der Pandemiebekämpfung beitragen sollten, müssten sie verlässlich sein, so Spahn. Es sei es auch wichtig, dass immer eine Gebrauchsanweisung dabei sei. Zudem müsse darüber aufgeklärt werden, dass Ergebnisse falsch sein könnten und dass Betroffene bei einem positiven Test bitte einen PCR-Tests nachholen und sich isolieren sollten.
Spahn wirkte in seinen einleitenden Worten ungewohnt deprimiert. „Wir wähnten uns auf einem guten Weg“, sagte er mit Blick auf das zwischenzeitlich sinkende Infektionsgeschehen. Zwar hätten die Impfungen stark zugenommen, „aber dieses Virus gibt nicht einfach auf“, so Spahn. „Wir sind pandemiemüde, das Virus ist es nicht.“ Auch das Virus verändere sich, „weil es auch überleben will“. Nach vier anstrengenden Monaten des Lockdowns seien auch manche Debatten verhärtet, beklagte Spahn. Doch alle Beteiligten bemühten sich, die Lage in den Griff zu bekommen – „mit Umsicht, mit Impfen, mit Testen“.
Mit dem jetzt verfügbaren Impfstoff und den seit heute zugelassenen Schnelltests sieht Spahn jeden Tag mehr Mittel, um mit dem Virus umzugehen. „Wir haben jetzt mehr verfügbare Schnelltests und das gibt uns eine Chance.“ Er stellte der Bevölkerung im Corona-Lockdown wieder mehr Freiheit durch eine Ausweitung der Tests in Aussicht gestellt. Schell- und Selbsttests würden Schritt für Schritt helfen, „ein Stück mehr Freiheit wieder zu haben“. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte die ersten drei Sonderzulassungen für Corona-Selbsttests erteilt, die man auch ohne Schulung zu Hause machen kann. Schnelltests, die geschultes Personal durchführen muss, sollen voraussichtlich in rund zwei Wochen etwa in Apotheken kostenlos gemacht werden können.
Laien-Selbsttests seien geeignet, wenn jemand für sich Sicherheit haben wolle. Sie könnten perspektivisch aber auch dazu dienen, wieder Besuche von Theatern oder anderen Veranstaltungen zu ermöglichen. „Das ist die Perspektive.“ Nach der erfolgten Zulassung der ersten drei Selbsttests seien diese zwar nicht sofort überall verfügbar. Er sei aber sehr zuversichtlich, dass Woche für Woche deutlich mehr Tests auf den Markt kommen. Die Schnelltests wiederum seien überall dort die erste Wahl, wo ein durch Dritte dokumentiertes Ergebnis nötig sei – etwa bei Reisen.
Spahn glaubt aber nicht daran, dass das Coronavirus jemals komplett verschwinden wird. Eine Inzidenz von null werde es auf Dauer nicht geben können, außer man ziehe eine Mauer um das Land. „Wenn wir uns alle einschließen, dann sind wir vielleicht irgendwann bei einer Inzidenz null“. Das sei allerdings auch kein Leben. Vielmehr gehe es darum, die richtige Balance zwischen bestmöglichem Infektionsschutz und Leben und Freiheit zu finden. „Gesundheitsschutz stärker gewichtet als andere Aspekte, aber nicht absolut“, sagte Spahn.
Bärbel Baas (SPD) kritisierte das Impfkonzept. Nach wie vor bekämen viele Menschen aus der Kategorie 1 keinen Impftermin. Wie Spahn sicherstellen wolle, dass diese Menschen geimpft würden – bevor andere Gruppen jetzt vorgezogen würden. Derzeit gebe es 140.000 bis 150.000 Impfungen täglich, sagte Spahn. Und er zeigte sich zuversichtlich, dass die Geschwindigkeit zunehmen werde. Konkrete Angaben bleib er schuldig. Wiederholt verwies Spahn in der Debatte zudem auf die Zuständigkeit der Länder – zum Beispiel bei der Strategie der Öffnung. Auch bei der Umsetzung bestimmter Maßnahmen seien die Behörden in den Bundesländern in der Pflicht.
Bei der Nachfrage zur Produktion der Impfstoffe bleib Spahn im Ungefähren: Im zweiten Quartal sei deutlich mehr Impfstoff zu erwarten. Dazu trage auch das neue Biontech-Werk in Marburg bei: „Hätten wir im August nicht begonnen, das zu unterstützen, könnten wir jetzt im März nicht produzieren“, so Spahn. Mit den Finanz- und Wirtschaftsministern der Länder werde er sich zeitnah über einen weiteren Ausbau der Produktionskapazitäten austauschen.
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