Unmittelbar vor der Verabschiedung des Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) durch das Bundeskabinett hat die Links-Fraktion einen umfangreichen Fragekatalog zum Umgang des Bundesgesundheitsministeriums mit der niederländischen Versandapotheke DocMorris an Minister Jens Spahn (CDU) geschickt. Die Linke fragt nicht nur nach den Lobby-Aktivitäten, sondern auch nach der staatlichen Aufsicht. Nach Erkenntnissen der Linke wird DocMorris weder von niederländischen noch von deutschen Stellen überwacht.
Im Jahr 2017 habe die zuständige Überwachungsbehörde in den Niederlanden sogenannte Grenzapotheken definiert. Es handele sich dabei um Arzneimittelversender, die hauptsächlich ins europäische Ausland versenden, unter anderem nach Deutschland. Die niederländische Aufsichtsbehörde habe mitgeteilt, diese Apotheken könnten von den niederländischen Regelungen befreit werden, wenn die Apotheke eine Erklärung der Behörde des Landes vorlege, in das sie versendet. Zu diesem Zweck sei ein Nachweis der Aufsichtsbehörde desjenigen EU-Mitgliedstaats erforderlich, in den Arzneimittel versendet werden.
In einem Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen werde hingegen erklärt, dass die nordrhein-westfälischen Behörden aufgrund mangelnder Rechtsgrundlage keinerlei Inspektionen in niederländischen Apotheken durchführen würden und deshalb eine entsprechende Anfrage an das Bundesgesundheitsministerium gerichtet werden sollte. Das BMG habe daraufhin erklärt, dass die Niederlande die Überwachung der Apotheken in ihrem Hoheitsgebiet in eigener Zuständigkeit regelten und vollziehen würden und deutsche Behörden durch niederländisches Recht grundsätzlich nicht zu Überwachungsmaßnahmen in den Niederlanden verpflichtet werden könnten.
Das BMG gehe daher davon aus, dass Inspektionen niederländischer Grenzapotheken durch deutsche Behörden weder bereits stattgefunden hätten noch geplant seien. „Aus Sicht der Fragestellenden scheint damit eine Prüfung der Versandapotheken, die nach dem niederländischen Recht als „Grensapotheke“ eingestuft werden, nicht zu existieren, schreibt die Linksfraktion.
Die Linke will daher von Spahn wissen, ob sich das BMG damit befasst habe, wie eine Prüfung und Aufsicht über die Apotheken erfolge, die in den Niederlanden als „Grensapotheke“ eingestuft würden? „Bleibt die Bundesregierung bei ihrer im Schreiben aus dem Juni 2018 geäußerten Position, dass die Niederlande die Überwachung der Apotheken in ihrem Hoheitsgebiet in eigener Zuständigkeit regeln und vollziehen, dass deutsche Behörden durch niederländisches Recht grundsätzlich nicht zu Überwachungsmaßnahmen in den Niederlanden verpflichtet werden könnten und dass Inspektionen niederländischer Grenzapotheken durch deutsche Behörden weder bereits stattgefunden haben noch geplant sind?“, so die Linke. Werde der grenzüberschreitende Arzneimittelversandhandel an deutsche Patienten in der Realität derzeit überhaupt überwacht, fragt die Fraktion.
Wissen will die Linksfraktion auch, ob deutsche Behörden auf freiwilliger Basis und zur Verbesserung des Patientenschutzes, Inspektionen bei niederländischen „Grensapotheken“ vornehmen könnten und wer hierfür zuständig wäre: Amtsapotheker, Bezirksregierungen, Landes- oder aber eher Bundesministerien oder -behörden?
Fragen stellt die Links-Fraktion auch nach den Kontakten zwischen DocMorris und dem BMG und beruft sich dabei auf die bekannte frühere Zusammenarbeit von Spahn und DocMorris-Vorstand Max Müller bei der Politikberatungsfirma Politas: „Welche Kontakte oder Kontaktversuche gab es nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs und welche konkret im Zusammenhang mit dem aktuellen Apothekengesetzgebungsverfahren von Seiten ausländischer Versandapotheken oder deren Interessenvertretern inklusive Beraterfirmen?“ Welche Kontakte seien direkt mit Spahn, welche mit der Leitungsabteilung des BMG, dem beamteten Staatssekretär, den parlamentarischen Staatsekretärinnen und -sekretären oder den Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern des BMG erfolgt. „Bei welchen solcher Anfragen und Kontakte ging es um Forderungen, Anregungen oder Empfehlungen, die sich dem Inhalt nach auf eine Änderung beziehungsweise Aufhebung des § 78 AMG oder die Streichung der Länderliste beziehen?“, will die Links-Fraktion wissen.
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