Die Bundestagsfraktion Die Linke kritisiert die Bundesregierung, weil diese noch immer nicht auf die Anfrage des Oberlandesgericht München (OLG) in der Boni-Frage geantwortet habe. „Das ist nicht akzeptabel, denn so ebnet die Bundesregierung DocMorris & Co. in fast schon mutwilliger oder zumindest grob fahrlässiger Weise den Weg“, kommentiert die Abgeordnete Sylvia Gabelmann.
Das Oberlandesgericht München (OLG) hatte bereits im Februar 2018 in einem zwischenzeitlich ausgesetzten Verfahren des Bayerischen Apothekerverbands (BAV) gegen DocMorris die Bundesregierung aufgefordert, weitere Daten zu liefern. Das Gericht hatte sein Verfahren ausgesetzt, nachdem das OLG Düsseldorf einen ähnlich gelagerten Rechtsstreit um Rx-Boni zur Vorabentscheidung nach Luxemburg geschickt hatte. Der EuGH hatte im Oktober 2016 entschieden, dass sich DocMorris & Co. nicht an die deutsche Preisbindung halten müssen.
Nach der Entscheidung aus Luxemburg sind mehrere Verfahren wieder aufgelegt. Das OLG München hat sich entschieden, von der Bundesregierung eine amtliche Auskunft einzuholen. Berlin soll weitere Daten und Fakten, zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Arzneimittelpreisverordnung zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln liefern – also die Preisbindung begründen. In der Sache hat das OLG nicht entschieden.
Die Regierung ist diese Auskunft bislang schuldig geblieben ist. In der Antwort auf die Kleine Anfrage heißt es dazu nur: „Innerhalb der Bundesregierung ist der Abstimmungsprozess über das weitere Vorgehen in Bezug auf die Abgabe einer amtlichen Auskunft noch nicht abgeschlossen.“ Gabelmann findet das unmöglich: „Die Bundesregierung gibt zu, dass sie verpflichtet ist, Gerichten Auskunft zu erteilen. Dennoch lässt sie das OLG München bereits seit eineinhalb Jahren auf eine amtliche Stellungnahme warten.“
Und so lange bewege sich nichts in diversen Rechtsstreitigkeiten gegen niederländische Versandapotheken wegen der Gewährung von Boni, so Gabelmann: „Das ist nicht akzeptabel, denn so ebnet die Bundesregierung DocMorris & Co. in fast schon mutwilliger oder zumindest grob fahrlässiger Weise den Weg“, kommentiert sie die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Linken zum Thema Versandhandel.
Die Bundesregierung habe auf ihre Fragen auch bestätigt, dass ihre Kontakte zur niederländischen Versandapotheke DocMorris recht eng sind. Die Bundesregierung sei nicht nur von DocMorris kontaktiert worden, sondern eine amtierende Wirtschaftsministerin habe sogar das Unternehmen in Holland persönlich aufgesucht, kritisiert Gabelmann.
Was ebenfalls den Protest der Abgeordneten hervorruft: Die Linke hatte nach den Folgen für Apotheken vor Ort gefragt, wenn das E-Rezept eingeführt wird. Immerhin hatten die ausländischen Versandhändlern dies öffentlich bejubelt. Die Regierung teilt dazu aber nur mit, dass man Meinungsäußerungen von Firmenvertretern nicht kommentiere und man die Auswirkungen der Einführung des E-Rezepts wegen der der Vielzahl der Faktoren nicht einschätzen könne. Gabelmann: „Die Bundesregierung forciert dieses Vorhaben, ohne aber eine Einschätzung zu möglichen Einbußen bei den Apotheken vor Ort geben zu können oder zu wollen. Das ist nicht hinnehmbar und gefährdet die flächendeckende Versorgung mit Medikamenten.“
Sie könne auch nicht verstehen, warum die Bundesregierung keinen Zusammenhang zwischen Arzneimittel- und Buchpreisbindung sehen will. „Wer – wie die Bundesregierung – die Entscheidung des EuGH zum Arzneimittelpreisrecht akzeptiert, der muss ggf. auch das Ende der Buchpreisbindung akzeptieren. Denn was für lebenswichtige Güter wie Arzneimittel gilt, kann von der EU durchaus auf Bücher übertragen werden. Die Gelassenheit der Bundesregierung kann ich deshalb nicht nachvollziehen.“
Aus Sicht der Linken gibt es daher nur eine klare Alternative: das Rx-Versandverbot. Zur europarechtlichen Machbarkeit befragt, teilte die Regierung: „Die abschließende Beurteilung der Vereinbarkeit einer gesetzlichen Regelung mit dem Europarecht obliegt dem EuGH.“ Der Gesetzgeber plant stattdessen, das Boni-Verbot vom Arzneimittelrecht in das Sozialgesetzbuch zu überführen. Hier zeigt sich die Regierung zuversichtlich: „So dient das neue Verbot von Rabattanreizen bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenkassen nicht nur einer flächendeckenden Apothekenversorgung, sondern gewährleistet vor allem die Umsetzung des Sachleistungsprinzips und des Solidaritätsprinzips im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. Es dient damit der Intaktheit des Gesundheitswesens insgesamt.“
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