Die FDP kämpft um den Wiedereinzug in den Bundestag, was laut Parteichef Christian Lindner insbesondere für die Freien Berufe wichtig wäre: Denn das Bekenntnis zu den Freien Berufen sei für die Liberalen eine Grundsatzfrage. Zwischen Wahlkampfauftritten nahm sich Lindner die Zeit, um über die politischen Schwerpunkte seiner Partei, die Zusammenarbeit in der Ampel und insbesondere die Apothekenreform zu sprechen.
ADHOC: Warum hat die FDP und insbesondere Sie selbst gerade bei der Apothekenreform eine so klare Grenze gezogen?
LINDNER: Die FDP hat sich überall für Marktwirtschaft eingesetzt, für die Stärkung der Berufsfreiheit und damit auch für die Freien Berufe. Das ist eine rote Linie gewesen durch unser ganzes Regierungshandeln. Für die Apothekerinnen und Apotheker wurde es vermutlich in besonderer Weise sichtbar, als es um das Vorhaben ging, eine „Apotheke light“ – also eine Apotheke ohne Apothekerin und Apotheker – zu realisieren. Das ist für uns noch nicht einmal verhandlungs- und diskussionswürdig gewesen, weil das letztlich die Freien Berufe insgesamt schwächen könnte. Hier stößt man auf den erbitterten Widerstand der FDP, denn Menschen, die eine Qualifikation erwerben, um dann auch einen Beruf auszuüben, die verdienen auch, dass diese Eintrittsbarriere weiter bestehen bleibt.
ADHOC: Also die FDP bleibt die Partei für die Selbständigen und Unternehmer?
LINDNER: Ja, das sind wir! Wir setzen auf den Abbau lästiger und ärgerlicher Bürokratie – auch im Bereich der Apotheken übrigens. Wir wollen die Steuerlast nicht erhöhen, sondern wir wollen Steuern und Abgaben in Deutschland senken. Dazu gehört beispielsweise das Ende des Solidaritätszuschlags, der inzwischen eine Wirtschaftsstrafsteuer geworden ist. Der fällt nämlich vor allen Dingen dann an, wenn man Verantwortung für Arbeitnehmer trägt oder eine höhere berufliche Qualifikation hat in die man Zeit und Geld investiert hat.
Wir tun das nicht allein aufgrund einer besonderen Anhänglichkeit und eines besonderen Respekts gegenüber dem Mittelstand, den Selbständigen und den Freien Berufen. Wir tun das, weil wir überzeugt sind, dass das fürs Land insgesamt gut ist. Denn gerade in diesem Bereich werden ja viele Ausbildungs- und Arbeitsplätze angeboten. Und mit Blick auf die Apotheke handelt es sich auch noch um einen wichtigen Teil unserer örtlichen Infrastruktur. Oft genug gerade im ländlichen Raum ist ja das Letzte, was es noch gibt, die Apotheke.
ADHOC: Gesundheitsminister Lauterbach hat Sie regelmäßig als Blockierer seiner Reformvorhaben bezeichnet – insbesondere, wenn ein angekündigtes Gesetz doch nicht wie geplant im Kabinett landete. Ist das richtig?
LINDNER: Wenn ein Minister unabgestimmte Vorstöße unternimmt, um die Agenda seiner eigenen Parteipolitik voranzutreiben, kann er nicht daraufsetzen, dass es da automatisch eine Unterstützung beispielsweise einer liberalen Partei gibt. Die Ideen von Karl Lauterbach laufen am langen Ende ja doch auf eine Form der staatlich gelenkten Medizin hinaus, wo Freie Berufe und der niedergelassene Bereich im Feld der Ärzteschaft am Ende hinten herunterfallen würde. Deshalb konnte und wollte ich auch als Mitglied der Bundesregierung hier nicht überall einschlagen.
Oft genug konnten aber dann doch ganz gute Kompromisse erzielt werden, wie zuletzt ja sogar noch nach dem Scheitern der Regierung Scholz bei der Entbudgetierung im Bereich der Hausärzte. Also es gab dann doch noch Übereinkünfte, aber um die musste gerungen werden. Bürgerversicherung, Einschränkung der Freien Berufe und immer weitere Maßnahmen, die das Gesundheitssystem teurer, aber nicht effizienter machen – da kann er eben nicht auf uns bauen und das wird auch zukünftig niemand tun können.
ADHOC: Die Vergütung für die Apotheken wird staatlich festgelegt, warum ist eine Anpassung nicht diskutiert worden?
LINDNER: Selbstverständlich haben wir über diese Fragen gesprochen und über andere im Zusammenhang mit einer Stärkung der Apotheken, beispielsweise zusätzliche Leistungen zu ermöglichen, über etwa Impfungen hinaus, um die betriebswirtschaftliche Basis zu stärken. Aber es gab zwei Gründe, warum es während der Zeit der Ampelkoalition hier keinen Durchbruch gab: SPD und Grüne. Deshalb sehe ich ja mit einer gewissen Sorge, dass die CDU/CSU sich heute schon wieder einseitig auf eine Koalition mit der SPD – und die CDU hält sich ja die Grünen auch noch offen – festgelegt haben.
Umso dringlicher ist es, dass die Freien Demokraten im Bundestag vertreten sind – idealerweise als Teil einer Regierung. Wenn wir im Bundestag sind, ist ja Schwarz-Grün ausgeschlossen und Schwarz-Rot alleine würde keine Mehrheit haben, sondern voraussichtlich bräuchte es dann uns. Da könnten wir weiterhin darauf achten, dass eine Politik gemacht wird, die nicht gegen die Freien Berufe geht.
Aber selbst im schlimmsten Fall einer schwarz-roten Koalition, in der Karl Lauterbach seine Arbeit im Kabinett fortsetzen könnte, wäre es umso wichtiger, dass es dann wenigstens auf der Ebene des Parlaments eine starke Oppositionsstimme gibt, denn sonst hat man nur Grüne und AfD als Opposition, die werden sicherlich keine Politik machen für die Interessen der Freien Berufe.
ADHOC: Wie stehen Sie zum Versandhandel mit Arzneimitteln und wie bewerten Sie die angekündigten Vorstöße der Drogeriekette dm in den Arzneimittelmarkt?
LINDNER: Das ist eine Frage für die Gesundheitspolitiker im Einzelnen hier kenne ich den Stand der Debatte und eventuell notwendige rechtliche Veränderungen nicht. Ich habe jedenfalls gegenwärtig nicht das Gefühl, dass das drängendste Thema für den Gesetzgeber ist, hier Veränderungen vorzunehmen, aber das ist eine Frage der Gesundheitspolitiker nicht für mich.