Einst war er Mitarbeiter von Ex-FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr. Im außerparlamentarischen Abseits heuerte er bei der niederländischen Versandapotheke DocMorris an. Jetzt drängt Jörg Berens selbst auf die politische Bühne. Für die FDP kandidiert er im Wahlkreis Münster für den Bundestag. Am Donnerstag schicken die Freien Demokraten den doppelt vorbelasteten Politiker in die „Höhle der Löwen“. Apothekerkammer und Apothekerverband Westfalen Lippe haben Bundestagskandidaten zur Diskussion gebeten. Berens wird sich unangenehme Fragen zu FDP-Chef Lindner gefallen lassen müssen.
Als Direktkandidat ist Berens in Münster chancenlos. Vor vier Jahren holte dort Ex-Gesundheitsminister Bahr selbst nur 5,7 Prozent. Und auf der FDP-Landesliste steht er weit abgeschlagen auf Platz 42. Wie es aussieht, muss er seine berufliche Laufbahn daher vorerst bei DocMorris fortsetzen.
Aber brenzligen Fragen wird sich Berens am Donnerstagabend dennoch stellen müssen: Denn die Stimmung beim Apothekerverband Westfalen Lippe (AVWL) ist aufgeladen. Der Vorsitzende Dr. Klaus Michels ist nicht nur wegen der FDP-Forderung nach Aufhebung des Fremdbesitzverbotes nicht gut auf die Liberalen zu sprechen. Seit dem aus Apothekersicht inakzeptablen Wahlprogramm der FDP versuchte Michels mehrfach FDP-Chef Christian Lindner zur Rede zu stellen.
Vergeblich – jedenfalls auf offizieller Ebene. Lindner lehnte Michels Gesprächswunsch stets ab und schickte stattdessen seine stellvertretende Fraktionsführung. Nur auf dem ABDA-Sommerfest gelang es Michels, FDP-Chef Linder festzunageln und in eine gestenreiche Diskussion zu verwickeln. Als Lindner gegen 21 Uhr eintraf, nutze Michels seine Chances: „Gut, dass ich Sie endlich einmal persönlich treffe“, verwickelte Michels Lindner in ein Gespräch.
Seitdem herrscht wieder Funkstille. Warum Lindner die regionalen Apothekerrepräsentanten links liegen lässt, erläuterte er kürzlich auf eigenwillige Weise bei einem Wahlkampfauftritt in Göttingen. Wie das Magazin Stern berichtet, sprach Lindner im Auditorium der dortigen Universität. Am Ende seiner Rede habe sich ein Apotheker und Mitglied des AVWL zu Lindner durchgekämpft und sich beschwert. Lindner habe sich trotz mehrfacher Einladung nicht zu einem Gespräch treffen wollen.
Lindner kennt den Mann und ahnt was auf ihn zukommt. „Wir haben Ihnen doch andere Redner angeboten“, zitiert der Stern Lindners Antwort. „Ja, aber das ist doch nicht das Gleiche“, lässt der Mann vom AVWL nicht locker. Es geht mehrfach hin und her. Schließlich verliert Lindner die Geduld: „Wenn der Vorsitzende des Apothekerverbandes fragt, kommt der Vorsitzende der FDP gern. Aber nicht zu jedem lokalen Verband. Tut mir leid.“ Linder spielt damit auf ein Treffen mit ABDA-Präsident Friedemann Schmidt an.
Regionalliga ist seine Sache offenbar nicht. Der Apotheker des AVWL ist wenig begeistert von Lindners Reaktion. Laut Stern legt der FDP-Chef daraufhin nach: „Sie werden verstehen: Das ist nicht meine Gewichtsklasse. Ich bin der Vorsitzende der Freien Demokraten.“ Gut möglich also, dass sich Berens am Donnerstag mit Lindners Gewichtsklassen-Definition auseinandersetzen muss. Schließlich ist Lindner nicht nur FDP-Bundeschef und deren Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl.
Lindner ist immerhin noch NRW-Landesvorsitzender und FDP-Fraktionschef im NRW-Landtag. Wo komme man dahin, wenn ein Landespolitiker regionale Berufsverbände nicht mehr ernst nehme, heißt es beim AVWL. Da AVWL-Chef Michels bei der Diskussion mit den Münsteraner Bundestagskandidaten ebenfalls auf dem Podium sitzt, wäre es nicht überraschend, wenn er Berens zur Rede stellt.
Von 2011 bis 2016 war Berens Vorsitzender der FDP in Münster. Seit 2014 ist er im Rat der Stadt und kümmert sich nach eigenen Angaben vor allem um die Themen Schule, Personal und Ordnung. In der Legislaturperiode 2009 bis 2013 arbeitete er für seinen Parteifreund Bahr, der erst Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium wurde und später für Philipp Rösler (FDP) als Minister nachrückte. Berens war zudem im Bundesvorstand der Jungen Liberalen.
Doch wie für viele Mitarbeiter der FDP endete die Arbeit im Bundestag jäh mit dem Ausscheiden der Liberalen aus dem Parlament – die FDP war erstmals seit Bestehen an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. Berens wechselte zu DocMorris und ist dort seither als Social-Media-Manager tätig. Er betreut die Auftritte der Versandapotheke bei Twitter, Facebook und Google+ sowie den DocMorris-Blog.
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