Lieferfähigkeit

Großhändler müssen zu Defekten schweigen

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Berlin -

Ist ein Arzneimittel nicht lieferbar, führt das in der Apotheke häufig zu Problemen bis hin zur Nullretaxation. Schuld daran sind aus Sicht des Großhandels unklare Formulierungen im zwischen dem Deutschen Apotherkverband (DAV) und dem vom GKV-Spitzenverband ausgehandelten Rahmenvertrag. Über die Bestätigung der Nicht-Lieferbarkeit durch den Großhandel werden demnächst der Branchenverband Phagro und der DAV ein Gespräch führen.

Im Großhandel sieht man die Verantwortung für die Probleme im Rahmenvertrag. Leider sei der Großhandel durch den Rahmenvertrag unberechtigt zum Ansprechpartner für die Apotheken bei Nicht-Lieferfähigkeit des Herstellers geworden. Das Grundübel sei, dass der Großhandel im Rahmenvertrag genannt werde, ohne dass mit ihm über Möglichkeiten einer verbindlichen Mitteilung über die Nicht-Lieferfähigkeit in Vorfeld gesprochen worden sei.

In der Tat sieht Paragraf 4 des Rahmenvertrages zwischen dem DAV und dem GKV-Spitzenverband vor, dass die Apotheke die Nicht-Lieferfähigkeit eines Arzneimittels durch die Vorlage einer Erklärung des Arzneimittelherstellers oder des Großhändlers nachweisen muss. Im „oder“ liegt aus Sicht des Großhandels das Problem.

Denn tatsächlich könne nur der Hersteller die Nicht-Lieferfähigeit bezeugen. Dem Großhandel sei die Nicht-Belieferung oftmals nicht bekannt. Also könne er auch gar nichts nachweisen und erst recht nichts bestätigen – eine Mission Impossible. Eine Nicht-Belieferung eines Großhändlers bedeute zudem aus rechtlicher Sicht noch keine generelle Nicht-Verfügbarkeit eines bestimmten Arzneimittels.

Die Großhändler fühlen sich in der Zwickmühle: Bestätigen sie die Nicht-Verfügbarkeit eines Artikels, während der Hersteller einen anderen Großhändler beliefert, stünden womöglich Schadenersatzansprüche wegen falscher Auskunft ins Haus. Unterm Strich ist man im Großhandel der Auffassung, dass die rechtlichen Bedingungen für verbindliche Auskünfte völlig ungeklärt sind. Nach APOTHEKE-ADHOC-Informationen hat der Phagro den DAV über seine Position bereits unterrichtet. Das Thema soll zudem auf der nächsten Phagro-Vorstandssitzung besprochen werden.

Zuletzt hatten Apotheker wegen Lieferdefekten Ärger mit der DAK. Die Kasse retaxierte wegen Nichtbeachtung der Rabattverträge und akzeptierte die Bestätigung in Form von Defektlisten des Großhändlers nicht immer. Die Nichtverfügbarkeit beim Großhandel sei nicht mit der Nichtlieferfähigkeit des Herstellers gleichzusetzen, argumentierte die DAK. Auch berichten Apotheken immer wieder, dass Bestellungen nur häppchenweisen ausgeliefert werden.

Die Großhändler können sich dabei auf eine Aussage der Bundesregierung von vor zwei Jahren stützen. Damals hatte sich die Fraktion Die Linke in einer kleinen Anfrage über Lieferengpässe informiert. Die Abgeordneten um Kathrin Vogler wollten von der Bundesregierung unter anderem wissen, welche positiven Effekte eine verpflichtende Meldung von absehbaren Lieferengpässe durch Hersteller und Großhändler haben könnte.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) antwortete, das Register über Lieferengpässe im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sehe bereits eine Mitteilung vorhersehbarer Lieferengpässe im Voraus vor. „Da die Großhändler im Regelfall ihre Arzneimittel von den Herstellern beziehen, ist durch die Einbeziehung der Großhändler kein Informationsgewinn zu erwarten“, so das BMG.

Laut Rahmenvertrag müssen Apotheker die Nichtverfügbarkeit eines Rabattarzneimittels auf dem Rezept vermerken. Zusätzlich müssen sie belegen, dass der Hersteller das Präparat tatsächlich nicht liefern konnte. Häufiger wird daher die Sonder-PZN mit einem Akutfall oder pharmazeutischen Bedenken begründet. Der Nachweis muss laut Vertrag nicht unbedingt vom Hersteller selbst kommen, eine Erklärung des Großhandels reicht aus. Allerdings müsse diese bestimmte Anforderungen erfüllen, teilte der Landesapothekerverband Mecklenburg-Vorpommern (LAV) gegenüber den Mitgliedern mit.

Die Erklärung des Großhandels müsse „zweifelsfrei formuliert“ sein, heißt es. Der LAV kritisiert, dass dies nicht immer der Fall ist: „Uns sind Taxbeanstandungen einer Krankenkasse bekannt, in denen Defektmeldungen des Großhandels nicht als Nachweis der Nichtlieferfähigkeit des Herstellers akzeptiert werden“, so der LAV.

So könne eine vom Großhandel ausgestellte Bescheinigung von Krankenkassen unter Umständen als nicht ausreichend betrachtet werden, wenn dieser nur seinen eigenen Engpass zum Zeitpunkt der Vorlage der Verordnung dokumentiere. „Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, muss aus der Erklärung eindeutig hervorgehen, dass die 'nicht vorhandene Lieferfähigkeit des pharmazeutischen Unternehmers' ursächlich dafür ist, dass die Apotheke vom Großhandel nicht mit dem betreffenden Arzneimittel beliefert werden konnte“, heißt es in dem Schreiben. Der LAV rät seinen Mitgliedern, im eigenen Interesse darauf zu achten, „dass Nachweise Ihres Großhandels zweifelsfrei und rechtssicher formuliert sind“.

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