Länder verlangen von Spahn mehr Aktivität

Engpässe: Zuckerbrot und Peitsche

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Berlin -

Die von der Regierungskoalition im Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (FKG) geplanten Maßnahmen gegen die anhaltenden Lieferengpässe bei Arzneimitteln reichen nicht allen Bundesländern aus. Für die nächste Sitzung des Bundesrates am 14. Februar haben daher Hessen und Rheinland-Pfalz gemeinsam einen Antrag eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, die Lieferengpässe der Vergangenheit gründlich zu analysieren. Im FKG sollen dazu weitere Maßnahmen getroffen werden, fordern die beiden Landesregierungen.

Der Bundesrat begrüße, dass weitere Maßnahmen getroffen werden sollen, um Lieferengpässe von Medikamenten zu vermeiden. „Der Bundesrat bezweifelt jedoch, dass diese Maßnahmen ausreichen, um Lieferengpässe zukünftig effizient zu vermeiden. Bereits in der Vergangenheit erwiesen sich diverse Änderungen des Arzneimittelgesetzes und des Sozialgesetzbuchs V als nicht ausreichend“, so der Antrag.

Hessen und Rheinland-Pfalz pochen darauf, die „maßgeblichen Gründe für Lieferengpässe hierzulande systematisch retrospektiv auszuwerten, um geeignete Maßnahmen für die Zukunft treffen zu können“. Deswegen soll das Bundesgesundheitsministerium den „Jour Fixe“ zum Thema Lieferengpässe unter Beteiligung der Bundesoberbehörden, der Landesbehörden und der Fachkreise mit einer Evaluation mit dem Ziel beauftragen, auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse Empfehlungen zur Vermeidung von Lieferengpässen vorzuschlagen.

Die Arzneimittelversorgung und -qualität in Deutschland sei im internationalen Vergleich zwar noch immer gut, gleichwohl gebe es seit einiger Zeit auch hierzulande vermehrt Meldungen über Lieferengpässe von Arzneimitteln, heißt es zur Begründung. Auch wenn nicht jeder Lieferengpass zu einem Versorgungsengpass führe, weil alternative, gleichwertige Arzneimittel verfügbar seien, sei offensichtlich, dass „die von der Bundesregierung bisher ergriffenen gesetzlichen Maßnahmen gegen Lieferengpässe nicht ausreichen“. Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) habe vor diesem Hintergrund das BMG bereits im Jahr 2018 gebeten zu prüfen, inwieweit eine Notwendigkeit weiterer gesetzlicher Änderungen oder anderer Maßnahmen bestehe.

Zu den bisher ergriffenen Maßnahmen gegen Lieferengpässe gehörten beispielsweise diverse gesetzliche Änderungen: Sicherstellungsauftrag der Pharmaindustrie, verpflichtende Meldung von Lieferengpässen durch die Hersteller an Krankenhäuser, Vorratsbeschaffungsmöglichkeit für Importe durch Krankenhäuser und Verpflichtung der Hersteller zur Mitteilung aller Daten zu Absatzmenge und Verordnungsvolumen auf Anfrage der Bundesoberbehörden.

Um die Transparenz zu erhöhen, hätten sich die Hersteller zudem verpflichtet, Engpässe verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu melden. Auch sei ein „Jour Fixe“ beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unter Beteiligung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und von Fachkreisen eingerichtet worden, bei dem Maßnahmen erörtert würden, um Lieferengpässe zu vermeiden oder deren Auswirkungen abzumildern. Um die Sicherheit bei der Versorgung mit Impfstoffen zu erhöhen, sei ferner der Abschluss von Rabattverträgen mit Impfstoffherstellern im SGB V gestrichen worden. Zudem stelle das PEI bei Lieferengpässen von Impfstoffen risikogestuft mit dem RKI und der STIKO abgestimmte Informationen bereit, welche alternativen Impfstoffe verfügbar seien oder welche geänderten Impfstrategien empfohlen würden.

Bei den sonstigen Medikamenten müssten Rabattverträge neuerdings die Vielfalt der Anbieter und die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten berücksichtigen. „Jedoch erwiesen sich die bisher ergriffenen gesetzlichen und sonstigen Maßnahmen (abgesehen von Impfstoffen) als nicht ausreichend“, so die Länder. So seien 2013 dem BfArM lediglich 42 Defekte gemeldet worden, 2019 seien es 357 gewesen. Im Jahr 2018 habe es 268 Defekte gegeben.

Die Meldungen beträfen oft auch als versorgungsrelevant eingestufte Wirkstoffe. So hätten im Jahr 2018 mehr als die Hälfte der Lieferengpassmeldungen solche Präparate ausgemacht. Im Jahr 2019 hätten gar circa 60 Prozent der Lieferengpässe versorgungsrelevante Wirkstoffe betroffen.

Eine Task Force der US-Arzneimittelbehörde FDA habe in den letzten Monaten exemplarisch 163 Engpässe untersucht, zu denen es zwischen 2013 und 2017 gekommen sei. Als ein wesentlicher Grund sei das Fehlen von wirtschaftlichen Anreizen für die Produktion von wenig profitablen Medikamenten identifiziert worden, so der Antrag weiter. Ursächlich für Engpässe sei zudem, dass der Markt Hersteller für ein ausgereiftes Qualitätsmanagementsystem nicht belohne. Auch logistische und regulatorische Hürden wurden als Ursache für Lieferengpässe in den USA identifiziert. Die US-amerikanische Task Force empfehle unter anderem wirtschaftliche Anreize, die die Hersteller zu einem verbesserten Qualitätsmanagement motivieren sollten.

„Ziel müssten zudem nachhaltige Verträge zwischen pharmazeutischen Unternehmern und Krankenkassen sein, die eine zuverlässige Lieferung garantieren und honorieren“, so die beiden Länder. Die vorgeschlagene Evaluation durch den „Jour Fixe“ solle zeigen, ob Ursachen und Empfehlungen der Task Force der FDA auf Lieferengpässe hierzulande übertragbar seien. Die Beauftragung des „Jour Fixe“ trage auch der geplanten Aufwertung des Gremiums durch das FKG bei.

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