Während die Apotheken mit Lieferengpässen kämpfen und dafür trotz des massiven Mehraufwands nicht honoriert werden, bunkert der Nacht- und Notdienstfonds (NNF) Rücklagen für die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) im Volumen von weit mehr als 100 Millionen Euro. Dieser Betrag sollte jetzt umgewidmet werden, so der Standpunkt von Thomas Bellartz.
Landauf, landab sind Patientinnen und Patienten verzweifelt. Landauf, landab kämpfen sich Apothekenteams durch das Chaos, versuchen, den Menschen zu helfen. Auch wenn die Medien die Lage erkannt haben und auch der Gesetzgeber sich zu bemühen scheint: Deutschland ist zu einem Entwicklungsland geworden. Und das leider nicht bei der Entwicklung von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
Wir sind ein Entwicklungsland bei der Lieferfähigkeit von Arzneimitteln. Noch viel mehr sind wir ein Entwicklungsland, wenn es um die Lösung dieser Lieferengpässe geht. Es herrscht ein Notstand, wie er vor 10 Jahren kaum vorstellbar war. Es herrscht Notstand, weil die Gesundheitspolitik versagt, nicht antizipiert und weil die Sparwut nun Folgen hat. Umso wichtiger ist es, dass die Apothekenteams jetzt ermöglicht wird zu handeln.
Die Lieferfähigkeit sicherzustellen ist seit Monaten erste Apothekenpflicht. Das wird NICHT honoriert. Die jämmerlichen 50 Cent wurden zwar in Aussicht gestellt, aber bis heute nicht beschlossen. Gleichzeitig ist es infolge der dramatischen Mehrarbeit und des Personalmangels nicht möglich, neue pharmazeutische Dienstleistungen aufzubauen.
Während Apotheken bislang nicht für ihre pharmazeutische Notversorgung honoriert werden, werden weit mehr als 100 Millionen Euro für Pharmazeutische Dienstleistungen gelagert.
Dieses Geld muss nun sofort eingesetzt werden, um die tatsächlich erbrachten Dienstleistungen in den Apotheken zu finanzieren. Die Politik und die Berufsorganisationen müssen dieses Budget zumindest temporär umwandeln und an die überlasteten Apothekenteams ausschütten; wenigstens so lange, wie diese Notsituation anhält. Sollte die Situation dann irgendwann besser werden, können die Mittel ganz oder teilweise für neue pharmazeutische Dienstleistungen eingesetzt werden. Bis dahin muss umgehend gehandelt werden.
Monatlich könnten mindestens 10 Millionen Euro ohne Mehrkosten für Steuerzahler oder GKV budgetär umgewidmet werden. Die jüngere Geschichte zeigt, dass dies absolut möglich ist, um Notsituationen zu begegnen.
Am Horizont droht überdies die Gefahr, dass die Mittel für die neuen sogenannten pharmazeutischen Dienstleistungen eingefroren oder gar zurückgefordert werden; weil sie mangels Personal und Möglichkeit nicht abgerufen werden können.
Wer an die Honorierung von neuen pharmazeutischen Dienstleistungen, die faktisch nicht erbracht werden können, und einer zusätzlichen Vergütung des Mehraufwands glaubt, während der Gesetzgeber bereits beim Apothekenhonorar munter die Schere angesetzt hat, begibt sich auf dünnstes Eis. Denn auch die Krankenkassen haben angekündigt, den Mehraufwand nicht vergüten zu wollen.
So, wie bei der Lieferfähigkeit gerade viel Arbeit und Kreativität gefordert ist, muss es auch bei Berufsorganisationen, Kassen und Politik sein. Die Abda sollte sich eine Mega-Werbekampagne für Pharmazeutische Dienstleistungen sparen, sondern nun dafür sorgen, dass den Apotheken die Budgets zufließen für Leistungen, die längst erbracht werden. Es ist wichtig, jetzt in die Offensive zu kommen. Mit schnell umsetzbaren Vorschlägen. 100 Millionen liegen bereit, um den Lieferengpässen in den Apotheken zu begegnen!
Denn die Versorgung der Menschen in dieser Notlage ist die ureigenste pharmazeutische Dienstleistung der Apotheken.
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