Die Techniker Krankenkasse (TK) sieht die Ursache für Lieferengpässe bei der Pharmaindustrie. Als Maßnahme gegen leere Schubladen in den Apotheken bringt die Kasse daher Sanktionen gegenüber den Herstellern ins Spiel. Das könnte die Apotheken vor Retaxationen schützen.
Die Ursachen für die Lieferprobleme seien auf Seiten der Industrie unterschiedlich: Die meisten könnten jedoch in der Fertigung oder Logistik verhindert werden, so die TK. „Daher sollten pharmazeutische Unternehmen im Falle der Lieferunfähigkeit verpflichtet werden, auch die Rabattausfälle und die Kosten für Beschaffung eines anderen Arzneimittels zu übernehmen“, sagt Tim Steimle, Leiter des Fachbereichs Arzneimittel der TK. Dadurch hätte das Thema auch bei den Pharmaunternehmen endlich einen höheren Stellenwert. Und Unternehmen mit belastbaren Lieferketten und einer hohen Performance, wie sie laut Steimle zum Beispiel deutsche Generikahersteller gern für sich in Anspruch nehmen, hätten so einen Wettbewerbsvorteil.
„Bei so sensiblen Produkten wie Arzneimitteln reicht es nicht, dass Ausfälle selten sind“, so Steimle. „Wir wollen, dass die Hersteller uns die Lieferungen garantieren, und das gelingt in der Wirtschaft am besten über monetäre Anreize. Profitieren würden die Versicherten.“
Und die Apotheken: Diese seien nämlich dazu verpflichtet, immer ein entsprechendes Rabattarzneimittel abzugeben, so Steimle. „Ist eines nicht lieferbar, müssen sie dies der Krankenkasse nachweisen. Tun sie das nicht, kann die Kasse die Abgabe eines anderen Arzneimittels nicht erstatten, und der Apotheker bleibt im Zweifel auf den Kosten sitzen (Retaxierung).“
Insgesamt sei die Versorgung mit Arzneimitteln in Deutschland sicher und hochwertig: Es komme selten vor, dass ein Medikament nicht lieferbar sei, so Steimle. Besonders ärgerlich seien Lieferunfähigkeiten, wenn es für die Versicherten keine Alternativen gebe und sie auf das Medikament angewiesen seien. „Wir fordern deshalb, dass der Gesetzgeber die pharmazeutischen Hersteller an dieser Stelle stärker in die Pflicht nimmt.“
Die TK selbst schließt laut Steimle für ihre Versicherten überdurchschnittlich gute Rabattverträge: Durch ein engmaschiges Liefercontrolling komme ein Austausch von Arzneimitteln in der Apotheke aufgrund von Lieferproblemen seltener vor. Nur 3,8 Prozent aller Packungen für TK-Versicherte müssten aus diesem Grund ausgetauscht werden, während es im Durchschnitt 4,3 Prozent seien, so der TK-Apotheker..
Bei Generika beliefern laut Steimle bis zu drei Unternehmen die Versicherten einer Krankenkasse exklusiv und gewähren im Gegenzug einen günstigeren Preis. „Kann ein Hersteller einmal nicht liefern, so stehen meist andere Rabattpartner zur Verfügung. Ist das nicht der Fall, kann der Apotheker ein anderes wirkstoffgleiches Medikament herausgeben.“
Die TK kann laut Steimle bereits heute Apothekern direkt Informationen zu der die Lieferfähigkeit all ihrer Rabattvertragspartner elektronisch zur Verfügung stellen und hat dies dem Deutschen Apothekerverband (DAV) bereits im Oktober vergangenen Jahres angeboten. Auch im freiwilligen Register beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) seien die Daten tagesaktuell, da jeder Rabattvertrag eine Klausel enthalte, dass Lieferunfähigkeiten sofort gemeldet werden müssten.
Im Vorfeld des Deutschen Apothekertags (DAT) in München hatte die TK vorgeschlagen, Ausfälle ihrer Rabattpartner in die Apotheken-EDV einzuspielen. Dadurch sollten Apotheker entlastet werden: Melde ein Hersteller einen Lieferengpass an die Krankenkasse, müsse der Apotheker keine Dokumentation mehr führen. Mit dieser Regelung könnten Millionen Lieferunfähigkeitsbelege erspart werden.
Der Vorschlag hätte, sofern er denn umgesetzt würde, für die Apotheken einen entscheidenden Nachteil: Die Kasse würde definieren, wann ein Lieferengpass vorliegt. Wenn die Ware beim Großhandel nicht vorrätig ist, gilt das Sonderkennzeichen nicht. Was nicht von der Kasse als Engpass definiert wurde, muss von der Apotheke beschafft werden.
Anfang des vergangenen Jahres hatte zunächst die DAK-Gesundheit für Schlagzeilen gesorgt, weil sie Defektbelege von Großhändlern nicht anerkannte. Im März lenkte die Kasse ein und kündigte an, auch eine Bestätigung des Großhändlers zu akzeptieren. Bis dahin hatte die Kasse darauf bestanden, dass ein Ausfall des Herstellers bestätigt wurde.
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