AMG-Novelle

Liefer-Soll statt Liefer-Pflicht René Stüwe, 05.05.2009 19:05 Uhr

Berlin - 

In dem geplanten Belieferunganspruch des vollsortierten Großhandels gegenüber der Industrie sehen die Hersteller einen Verstoß gegen das EU-Recht. Zudem werde die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit der Unternehmen angegriffen. Geschlossen plädieren der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), der Branchenverband Pro Generika und der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) daher dafür, den entsprechenden Passus im Gesetzentwurf „ersatzlos zu streichen“.

Eine Lieferpflicht ist laut Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ein „nicht gerechtfertigter und verfassungswidriger Eingriff in die geschützte Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers sowie ein Verstoß gegen die EU-Warenverkehrsfreiheit und die freie Wahl des Vertriebsweges“.

Das Ziel des Gesetzgebers, die zeitnahe und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen, ist nach Ansicht der Pharmaunternehmen durch die Zuweisung des europarechtlich geforderten öffentlichen Sicherstellungsauftrags (Public Service Obligation) bereits zur Genüge abgedeckt.

Für den Fall, dass der Gesetzgeber dem Ersuchen der Industrie nicht nachkommt, haben VFA und BAH in ihren Stellungnahmen bereits eine Lösung parat: Eine „Soll-Vorschrift“ anstatt einer Pflicht. Damit will der VFA „hilfsweise“ sicherstellen, dass „atypische“ Arzneimittel, die aufgrund von Zulassungsbestimmungen und Sicherheitsaspekten nicht für den Großhandelsvertrieb geeignet sind, von der vorgesehenen Belieferungspflicht ausgenommen werden können.

Der BAH plädiert zudem dafür, die Lieferpflicht auf verschreibungspflichtige Medikamente zu begrenzen. Der Verband begründet dies mit der gleichzeitigen Neugestaltung der Großhandelshonorierung, die sich ebenfalls nur auf Rx-Arzneimittel erstrecke. Auch Pro Generika sieht über einen Sicherstellungsauftrag hinaus keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf: „Die rein wettbewerbliche Vertriebskonzeption hat sich bewährt.“ Der vorgesehene „Kontrahierungszwang“ sei nicht geeignet, die besondere Stellung und Funktion des vollversorgenden Großhandels abzusichern und zu flankieren.

Der BPI sieht das ähnlich: „Eine Lieferpflicht gegenüber dem Großhandel soll es nach dem Gemeinschaftsrecht nicht geben.“ Ergänzend gibt der BPI in seiner Stellungnahme mit Verweis auf regulatorische Vorhaben der EU-Kommission zu bedenken, „dass sich die Vertriebswege des Arzneimittelmarktes derzeit im Wandel befinden.“ Eine verbindliche Regelung in der aktuellen Novelle hält der Verband daher für „nicht zielführend“.

Nach der morgigen öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss geht das Gesetz zur zweiten und dritten Lesung zurück in den Bundestag und wird abgestimmt. Voraussichtlich im August soll es nach dem Willen der Regierungskoalition in Kraft treten. Den Bundesrat hat die AMG-Novelle bereits passiert - der Zustimmung der Länderkammer bedarf das Gesetz nicht.