Koalitionsvertrag

Schwarz-gelbe Lücken

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Berlin -

Union und FDP haben noch 100 Tage Zeit, um bis zur Bundestagswahl ihren Koalitionsvertrag abzuarbeiten. Auch den Apotheker war mehr versprochen worden: So hatten Union und FDP im Koalitionsvertrag angekündigt, Pick-up-Stellen für Arzneimittel zu verbieten.

Wörtlich hieß es im Koalitionsvertrag: „Wir werden die Auswüchse beim Versandhandel bekämpfen, indem wir die Abgabe von Arzneimitteln in den sogenannten Pick-up-Stellen verbieten.“ Dieses Vorhaben scheitere aber an verfassungsrechtlichen Bedenken aus dem Justiz- und Innenministerium. Strengere Auflagen für die Abholstellen in Drogeriemärkten wurden von der Koalition ebenfalls nicht umgesetzt.

Ansonsten hieß es zu Apotheken allgemein: „Die flächendeckende und sichere Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln hat für uns hohe Priorität. Die freiberuflichen Apothekerinnen und Apotheker spielen für eine gute Arzneimittelversorgung eine zentrale und wichtige Rolle. Eine Änderung des bestehenden Mehr- und Fremdbesitzverbotes lehnen wir deshalb ab.“

Schon jetzt steht fest, dass auch andere Vorhaben der Koalition nicht mehr zu verwirklichen sind. So arbeitet Schwarz-Gelb beispielsweise seit Jahren an einem Präventionsgesetz. Angesichts der ablehnenden Haltung von SPD und Grünen ist aber sehr fraglich, ob das mittlerweile vorliegende Gesetz noch durch den Bundesrat kommt.

2009 verabredeten Union und FDP auch: „Wir wollen eine neue, differenziertere Definition der Pflegebedürftigkeit.“ Die immer zahlreicheren Demenzkranken sollten verstärkt in die Pflegeversicherung eingruppiert werden. Ende Juni soll ein Expertenbeirat Vorschläge vorlegen – eine entsprechende Reform in dieser Wahlperiode ist aber nicht mehr möglich. Kritiker bemängeln außerdem, dass die Vorschläge nichts darüber aussagen, wer künftig konkret wieviel aus den Pflegekassen bekommen soll.

Die angekündigte Steuerentlastung um bis zu 24 Milliarden Euro im Jahr blieb ebenfalls aus. Eine Minireform, per Umbau des Einkommensteuersystems die „kalte Progression“ zu mindern, scheiterte am Widerstand der Länder. Auch eine Reform der Gewerbesteuer und des Mehrwertsteuersystems sowie eine Neuregelung der Kommunalfinanzen konnten nicht durchgesetzt werden.

Die Neuordnung der Bankenaufsicht wurde nicht so umgesetzt wie geplant. Eigentlich sollte die Bankenaufsicht in Deutschland bei der Bundesbank konzentriert werden, nach wie vor teilen sich aber Bundesbank und Finanzaufsicht Bafin die Kontrolle.

Einer der Schwerpunkte der Legislaturperdiode war der Atomausstieg. Bei der Förderung zukünftiger Energien – dem Kernstück der Energiewende – gibt es nun aber nicht die von Experten als nötig erachteten Fortschritte.

Das mit Abstand größte Vorhaben im Innenressort war im Koalitionsvertrag 2009 nicht abzusehen: Als im November 2011 die verstörenden Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) ans Licht kamen, wurde klar, dass die Sicherheitsbehörden dringend reformbedürftig sind. Vor allem dem Verfassungsschutz steht ein großer Umbau bevor.

Das Dauerstreitthema Vorratsdatenspeicherung wird wohl bis zum Ende der Legislaturperiode ungelöst bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine entsprechende Regelung 2010 gekippt. Seitdem streiten aber Union und FDP über die Neufassung.

Das gegen Altersarmut vereinbarte Konzept einer Lebensleistungsrente kommt nicht mehr vor der Wahl. Auch die vor allem von der CSU angepeilte Besserstellung älterer Mütter bei der Rente muss weiter warten. Nicht umgesetzt wurde bislang die im Koalitionsvertrag versprochene Rentenangleichung Ost/West.

Beim Thema Verteidigung haben Union und FDP gegen ihren eigenen Vertrag verstoßen: Sie wollten den Wehrdienst von neun auf sechs Monate verkürzen, aber die Wehrpflicht erhalten. Zum 1. Juli 2011 wurde der Pflichtdienst für Männer jedoch durch einen Freiwilligendienst ersetzt. Gleichzeitig leitete der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) überraschend eine große Bundeswehrreform ein.

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