LAV: Nullretax verbieten – jetzt! Patrick Hollstein, 20.02.2023 14:52 Uhr
Der Landesapothekerverband Niedersachsen (LAV) fordert dringende Nachbesserungen beim geplanten Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG). Statt den Austausch wieder zu erschweren, sollten endlich Nullretaxationen verboten werden.
Eine Forderung ist, den Austausch von Arzneimitteln für Apothekerinnen und Apotheker weiterhin uneingeschränkt zu erleichtern. Zudem fordert der LAV, den zeitlichen Aufwand, den Apothekerinnen und Apotheker für das Versorgen der Patientinnen und Patienten bei Lieferengpässen aufbringen müssen, angemessen zu honorieren. Auch sollten Nullretaxationen in den Arzneimittelversorgungsbereichen verboten werden.
„Die Lieferengpässe in den letzten Monaten haben die Versorgungslage verschärft und belasten die Patientinnen und Patienten, die Eltern von Kindern und die Apothekenteams“, sagt Verbandschef Berend Groeneveld. „Wir Apothekerinnen und Apotheker brauchen Flexibilität und Vertrauen in unsere Kompetenz, die wir in den letzten Jahren bewiesen haben – und das mit erheblichem Aufwand und kostenneutral für die Krankenkassen! Wird das Gesetz in Kraft treten, werden es die Apothekerinnen und Apotheker schwieriger haben, die Patientinnen und Patienten zu vorsorgen.“
Liste mit Lücken
Das geplante Gesetz sieht vor, nur einen Teil der während der Pandemie gelockerten Abgaberegeln in den Apotheken zu verstetigen. Demnach dürften Apotheken zwar bei nicht-vorrätigen Arzneimitteln auch ohne vorherige Rücksprache mit der Ärztin beziehungsweise mit dem Arzt von Rabattverträgen abweichen und ein vorrätiges, wirkstoffgleiches Medikament abgeben. Dies soll aber nur für Arzneimittel gelten, die auf der Engpass-Liste des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stehen.
„Die BfArM-Liste spiegelt kaum die Engpass-Situation in den Apotheken wider, da dort nur verschreibungspflichtige Arzneimittel aufgeführt werden“, so Groeneveld. „Die BMG-Pläne werden für mehr unnötige Bürokratie in den Apotheken sorgen, die Versorgungslage der Bevölkerung verschlechtern sowie zur Nichtversorgung und Verlagerung der Probleme zu den Arztpraxen und zu den Krankenhäusern führen. Das betrifft insbesondere auch Kinder, da ein Großteil ihrer Medikation von der BfArM-Liste gar nicht erfasst wird. Die Versorgungslage der Kinder ist jetzt schon überkritisch.“
Dringenden Änderungsbedarf sieht Groeneveld auch bei der geplanten Lieferengpass-Pauschale. „Mit hohem zeitlichen Aufwand recherchieren wir bei Engpässen nach Alternativen für nicht lieferbare Medikamente und tauschen uns mit der verschreibenden Ärztin oder dem verschreibenden Arzt aus. Anschließend beruhigen wir die Patientinnen sowie Patienten und erklären ihnen, wie sie das andere Medikament einnehmen müssen und dass es die gleiche Wirkung hat. Hierfür benötigen wir Zeit! Viel Zeit, die im Referentenentwurf zum ALBVVG mit nur 50 Cent honoriert werden soll.“