Becker erwartet Formretax-Verbot APOTHEKE ADHOC, 16.07.2014 19:11 Uhr
Nullretaxationen der Krankenkassen bewegen die Apotheker bundesweit: Als nächste Standesorganisation hat der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) eine Resolution verabschiedet, mit der die Politik zum Handeln aufgefordert wird. Bei Retaxationen aufgrund von Formfehlern sollen die Kassen den Apothekern zumindest den Einkaufwert des Arzneimittels erstatten. LAV-Chef Fritz Becker bespricht das Thema fortlaufend mit Gesundheitspolitikern.
Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zu Nullretaxationen und der gescheiterten Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe scheint für die Apotheken der juristische Weg verbaut. Der LAV fordert deshalb jetzt eine Gesetzesänderung: Die Möglichkeiten der Kassen, belieferte Verordnungen auf Null zu retaxieren, müsse eingeschränkt werden: Retaxationen als Folge geringfügiger Formfehler von Arzt oder Apotheker dürften nur das Honorar betreffen, da der Patient in diesen Fällen pharmazeutisch gut versorgt worden sei.
Die derzeitige Praxis schaffe ein Missverhältnis zwischen kleinen, geringfügigen Formfehlern und zum Teil für die Apotheke entstehendem großem wirtschaftlichem Schaden. „In einem kaum mehr zu überschauenden System von unterschiedlichsten Regelungen müssen der Apotheker und sein Team vor diesen exzessiven Retaxationen geschützt werden, damit sie sich auch weiterhin auf ihre pharmazeutischen Aufgaben konzentrieren können“, so die Resolution.
In Baden-Württemberg hatte zuletzt ein besonders gravierender Retax-Fall für Aufsehen gesorgt. Wegen Formfehlern auf zwei T-Rezepten hatte die DAK einer Apothekerin fast 12.000 Euro abgezogen. Sie erwägt, gegen die Kasse vor Gericht zu ziehen. In ähnlich gelagerten Fällen hat sich die DAK zwar bereits durchgesetzt, es gibt aber auch Gegenbeispiele, bei denen die Gerichte die Kasse in die Schranken wiesen. Die ABDA sammelt derzeit besonders schwerwiegende Fälle.
LAV-Präsident Fritz Becker zufolge findet derzeit kein politisches Gespräch statt, in dem das Thema nicht besprochen würde. „Wir zeigen und erklären den politischen Entscheidern dazu ganz konkrete Beispiele von tatsächlichen Nullretaxationen und hören nicht selten von unserem Gegenüber, dass das ja mit normalem Menschenverstand kaum nachvollziehbar sei“, so Becker, der auch Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV) ist. Becker erwartet, dass der politische Gestaltungsprozess nun in Gang kommt. „Erste klare politische Zusagen haben wir bereits dazu.“
Öffentlich hatte sich etwa der CDU-Gesundheitsexperte Michael Hennrich geäußert: „Sie können sich darauf verlassen, dass das in dieser Legislatur passiert, vielleicht sogar noch in diesem Jahr“, sagte er beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands (DAV) im Mai. Seitdem gab es aus der Koalition aber keine weiteren Signale. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte sich zuletzt wenig ermunternd geäußert.
Das Thema wird bei Mitgliederversammlungen der Kammern und Verbände derzeit eigentlich immer besprochen. In der vergangenen Woche hatte die Landesapothekerkammer in Baden-Württemberg eine ähnliche Resolution verabschiedet. Bereits im Juni hatten sich Apothekerverband und -kammer in Nordrhein entsprechend geäußert, auch aus Bayern gibt es diese Forderungen. Es ist davon auszugehen, dass die Apotheker beim Deutschen Apothekertag (DAT) in München noch eine gemeinsame Forderung an die Politik formulieren.