Apotheken funktionieren auch ohne Approbierte vor Ort, findet Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Man kann sie ja bei Bedarf zuschalten. So hanebüchen die Pläne sind, gibt es auch in der Ausgestaltung noch einen entscheidenden Unterschied: Wird jedes Rezept in der Filiale vor der Belieferung genehmigt? „Wenn man die Gerüchteküche um Lauterbach hört, scheint ja selbst diese Anforderung nicht zu kommen“, findet Apothekerin Annette Dunin von Przychowski.
Laut Eckpunktepapier sollen nur die Herstellung parenteraler Arzneimittel, das Impfen und die Abgabe von Betäubungsmitteln künftig an die persönliche Anwesenheit einer Apothekerin oder eines Apothekers gebunden sein. Die Schlussfolgerung: Alles Weitere darf ohne Approbierte vor Ort abgegeben werden. „Wir haben den Entwurf zwar noch nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass Herr Lauterbach da ähnlich wie seine Muse Ulla Schmidt tickt“, so Dunin von Przychowski. „Also: Wir setzen jetzt mal neue Maßstäbe und sagen, alles andere können PTA abgeben, ohne dass der Apotheker vorher gefragt wird.“ Andernfalls, so die Apothekerin, hätte der Gesundheitsminister keinen Grund, derartige Einschränkungen in seinem Eckpunktepapier zu machen.
„Sollte es anders gemeint sein, erkenne ich aber keine Erleichterung für die Apotheken, denn: Wenn ein Apotheker alles andere absegnen muss, dann braucht man ihn ja trotzdem in irgendeiner Form“, schlussfolgert Dunin von Przychowski. Personell gesehen wäre die Hilfe somit keineswegs groß – abgesehen von der Strecke, die durch die Telepharmazie eingespart werden könnte. „Aber wir sind hier schließlich in Deutschland und nicht in North Dakota.“
Sie stellt sich die Frage, ob Lauterbach mit seiner Reform weltweit als erster das Niveau der Rx-Arzneimittelversorgung auf einen neuen Tiefpunkt bringen will. Damit würde er angestellten Apotheker:innen, die aktuell noch die Filialleitung übernehmen, attestieren, dass sie keinesfalls wichtig sind. „Wenn Herr Lauterbach eine Kontrolle durch den Apotheker nicht als notwendig erachtet, dann fährt er die Arzneimittelversorgung so richtig runter.“ Das wäre nichts weiter als Versorgung auf Ramschniveau.
Selbst bei Abholautomaten werden Rx-Präparate vorab geprüft. „Und das wäre doch ein Argument zu sagen: ‚So, lieber Herr Lauterbach, geht es nicht!‘“
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