Kommentar

Lauterbachs peinliche Selbstvermarktung

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Berlin -

Was tut man, wenn man viel gute Arbeit leistet? Man schreibt natürlich einen Brief an all seine Kolleg:innen, in dem man erklärt, wie großartig die eigene Leistung ist. So jedenfalls lautet die Strategie von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Und wenn man sich schon selbst in den höchsten Tönen lobt, lässt man Rückschläge und Skandale dabei natürlich einfach aus. Ein Kommentar von Lilith Teusch.

Auf zwölf Seiten feiert Lauterbach die „Erfolge“ seiner Arbeit als Gesundheitsminister der letzten drei Jahre ab und kündigt schon einmal an, wie er in der nächsten Regierung weiterhin eifrig weitermachen wird. Schließlich sind – leider, und das liegt Lauterbach zufolge natürlich ausschließlich am Ampel-Aus – einige seiner vielen Reformvorhaben liegen geblieben. Warum der Gesundheitsminister sich für diesen Schritt entschieden hat, darüber kann man nur mutmaßen. Gesundheitsthemen spielen im Wahlkampf derzeit eine eher untergeordnete Rolle, möglicherweise fürchtete der ansonsten immer so zuversichtlich scheinende Minister doch um seine zweite Amtszeit und möchte wenigstens in den eigenen Reihen noch einmal kräftig die Werbetrommel rühren.

Seine aufgezeigte „Erfolgs“-Bilanz ist jedoch zweifelhaft. Große Werbung macht der Minister mit seiner umstrittenen Krankenhausreform, oder wie er es formuliert: Die „wohl größte und zugleich bedeutendste Strukturreform dieser Legislaturperiode“. Mit Ach und Krach hat die Reform trotz Ampel-Aus gerade noch den Bundesrat passiert – allerdings mit dem klaren Hinweis von Ländern und Bundespolitikern, dass hier dringend nachgesteuert werden müsse. Auch das Verfahren insgesamt wurde bemängelt, zum Beispiel lag die von Lauterbach angekündigte Auswirkungsanalyse zum Beschlusstermin noch nicht vor. Gleichzeitig drohen bereits die Kassen mit Klagen, da der Transformationsfonds, mit dem Lauterbachs Reform finanziert werden soll, Versichertengelder zweckentfremdet. Auch der Bundesrechnungshof (BRH) hat Lauterbachs Finanzierungsstrategie bereits zweimal gerügt.

Ein weiteres Gesetz, für das sich Lauterbach feiert, ist das Medizinforschungsgesetz (MFG), ein Schritt, um den Forschungs- und Produktionsstandort Deutschland zu sichern und aufzuwerten. Außen vor lässt der Minister dabei jedoch die gesamte Affäre um den Pharmakonzern Eli Lilly, der laut veröffentlichten internen Dokumenten und E-Mails an dem Gesetz mitgewirkt haben soll. Demnach soll die Milliardeninvestition in Rheinland-Pfalz an die Zusage der Einführung vertraulicher Erstattungsbeträge geknüpft gewesen sein. Das, so warnte den Unterlagen entsprechend auch Lauterbachs eigener Abteilungsleiter, würde einen enormen Mehraufwand für die Krankenkassen bedeuten.

Um bei den Kassen zu bleiben: Lauterbach klopft sich auch für sein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) auf die Schulter: „Zu Beginn dieser Legislaturperiode wies die GKV eine Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro auf. Mit dem GKV-FinStG konnte dieses historisch hohe Defizit geschlossen und die finanzielle Stabilität der GKV gesichert werden“, schreibt der Minister. Dass seine diversen Reformen seitdem die GKV und die Beitragszahler mit milliardenschweren Belastungen konfrontieren, darauf kommt er nicht zu sprechen.

Auch sein Krankenhaus-Transparenz-Gesetz (KHTG) will der Minister als Erfolg verkaufen. Gleich nach Einführung seines Bundesklinikatlasses mehrten sich die Stimmen aus Politik und Verbänden, die vor veralteten und falschen Daten warnten und sofortige Korrekturen forderten. Sogar die Notfallversorgung war davon betroffen. Wenig überraschend wird der Atlas nicht viel verwendet.

Auch das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (Engpassgesetz, ALBVVG) listet er in seinem Brief. Die Realität sieht jedoch anders aus: Eine Auswertung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zeigte kürzlich: Massive Lieferengpässe bleiben auch in diesem Jahr weiterhin ein Dauerthema. Lauterbachs Engpassgesetz konnte keine Abhilfe schaffen. Zu Jahresbeginn fehlten rund 460 Präparate.

Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass seine Selbstbeweihräucherung als das gesehen wird, was sie ist, und dass Lauterbach auch bei einer Regierungsbeteiligung der SPD in der nächsten Legislatur nicht erneut ins Bundesgesundheitsministerium (BMG) einziehen wird.

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