Light-Filialen und Umverteilung

Lauterbachs Eckpunkte im Wortlaut

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Berlin -

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat seine Eckpunkte für eine Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform vorgelegt, das Papier im Wortlaut.

„Die Arzneimittelversorgung durch Apotheken ist derzeit grundsätzlich und flächendeckend sichergestellt, jedoch wird sie im ländlichen Bereich teilweise von nur wenigen Apotheken übernommen. Der Fachkräftemangel, ein wachsendes Stadt-Land-Gefälle in der Bevölkerung sowie die Abwanderung in andere Beschäftigungszweige könnten perspektivisch zu Versorgungseinschränkungen in der Fläche führen.“

Aus Sicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ist der Erhalt eines flächendeckenden Apothekennetzes mit persönlicher Vor-Ort-Beratung von zentraler Bedeutung für die Arzneimittelversorgung. „Es besteht Handlungsbedarf, um die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln mittel- und langfristig weiterhin zu sichern. Deshalb wollen wir die notwendigen Rahmenbedingungen für eine bessere Arzneimittelversorgung durch Apotheken in der Fläche schaffen.“

Das BMG plant Maßnahmen in folgenden Bereichen:

Honorierung

„Möglichkeiten der Erhebung und sachgerechte Umverteilung des finanziellen Fördervolumens bestehen grundsätzlich durch Änderungen der Vergütung in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Wir wollen dabei insbesondere Honoraranreize für Apothekenstandorte in ländlichen Regionen schaffen und eine gerechtere Verteilung der Honorare erreichen.“

Die Reform der Apothekenvergütung umfasst mehrere Maßnahmen:

28 Cent für Notdienst

Das BMG verspricht eine „sofortige Erhöhung der Vergütung von in der Nacht und am Wochenende geleisteten Notdiensten“. Zur Begründung heißt es: „Durch Notdienste wird die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung rund um die Uhr gewährleistet. Apotheken, die sich in Regionen mit geringer Apothekendichte befinden, müssen häufiger Notdienste leisten als Apotheken in Regionen mit hoher Apothekendichte. Diesen Einsatz wollen wir besonders stärken und damit gleichzeitig zielgenau die Vergütung von Apotheken in ländlichen Gebieten.“

Dazu sollen die packungsbezogenen Zuschläge zur Vergütung von Notdiensten erhöht werden – laut BMG „um rund 30 Prozent von 21 auf 28 Cent pro Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels, sodass für die Vergütung geleisteter Notdienste künftig etwa 50 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen“. Die Apotheken erhalten dadurch für jeden Notdienst eine Pauschale in Höhe von rund 550 Euro, so das BMG.

Rückführung des Kassenabschlags

Aktuell gilt ein erhöhter Apothekenabschlag bis zum 31. Januar 2025 von 2 Euro je Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels. „Für eine nachhaltige Stabilität der Apotheken wird der Apothekenabschlag ab dem 1. Februar 2025 wieder auf 1,77 Euro abgesenkt.“

Spanne: 3 statt 2 Prozent

„Der prozentuale Anteil des Zuschlags der Apothekenvergütung beträgt aktuell 3 Prozent des Apothekeneinkaufspreises und soll, anders als bereits jetzt beim pharmazeutischen Großhandel, auch weiterhin ungedeckelt bleiben.“ Mit dem Engpassgesetz (ALBVVG) seien die Retaxierungsmöglichkeiten der Krankenkassen deutlich eingeschränkt wodurch, grundsätzlich laut BMG „geringere Kostenrisiken für die Apotheken“ bestehen.

„Um eine sachgerechtere Verteilung der Vergütung zwischen den Apotheken zu erreichen, wird ab 2025 der prozentuale Anteil der Apothekenvergütung auf 2,5 Prozent angepasst, um Preisanstiegen zu kompensieren. In einem zweiten Schritt erfolgt im Jahr 2026 eine Anpassung auf 2 Prozent.“

Anpassung des Fixums

„Die durch die Anpassungen freigewordenen finanziellen Mittel werden 1:1 für eine entsprechende Erhöhung des Festzuschlags (Packungsfixum) verwendet. Auf diese Weise wird die ungleichmäßige Verteilung der Packungshonorare zwischen den Apotheken aufgrund stark angestiegener Arzneimittelpreise in einigen Arzneimittelsegmenten ausgeglichen, während eine Kostendeckung für preisbezogene Kosten weiterhin erhalten bleibt.“

Fixum: Verhandlung statt Verordnung

Künftig soll das Fixum nicht mehr per Verordnungsänderungsverfahren angepasst werden: „Mit Wirkung zum 1. Januar 2027 wird die Vereinbarung einer Anpassung des Festzuschlags auf den GKV-Spitzenverband und die Apothekerschaft im Benehmen mit der PKV übertragen. Die Verhandlungen sind unmittelbar nach Inkrafttreten der entsprechenden Regelungen aufzunehmen.“

Grundlage soll ein Gutachten sein, dass die Parteien im Rahmen der Verhandlungen im Jahr 2025 in Auftrag geben können. „Bei der Vereinbarung haben sie Anpassungen insbesondere unter Berücksichtigung der Entwicklung der Versorgungssituation zur Sicherstellung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung und der Änderungen des Verbraucherpreisindexes und der Grundlohnsumme zu beachten. Bis spätestens Mitte 2026 muss eine Vereinbarung für die Anpassung des Packungsfixums mit Wirkung zum 1. Januar 2027 vorliegen.“

Das BMG will dazu „zeitnah“ in die Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung gehen.

Telepharmazie

„Bereits heute sind die Apotheken in der Digitalisierung häufig Vorreiter in der Versorgung und setzen neue Möglichkeiten schnell ein.“ Als Beispiele genannt werden das E-Rezept und die mit dem Digitalgesetz eingeführten Maßnahmen der assistierten Telemedizin. „Diese Elemente erweitern wir jetzt mit der Möglichkeit zur Telepharmazie, also der Nutzung technischer Einrichtungen zur Videokonsultation bei der Arzneimittelabgabe.“

Apotheken sollen so bei Bedarf etwa Kundinnen und Kunden in einer anderen Apotheke des Filialverbundes beraten können. „Soweit eine solche telepharmazeutische Beratungsmöglichkeit mit einer Apothekerin oder einem Apotheker der Apotheke beziehungsweise des Filialverbunds zur Verfügung steht, können Apotheken und Filialen auch vorübergehend öffnen, wenn eine erfahrene PTA vor Ort die Arzneimittelabgabe übernimmt.“

Die Herstellung parenteraler Arzneimittel, das Impfen und die Abgabe von Betäubungsmitteln bleiben laut BMG an die persönliche Anwesenheit einer Apothekerin oder eines Apothekers gebunden. „Auf diese Weise wird den Apotheken ein wirtschaftlicher und flexibler Personaleinsatz ermöglicht, ohne dass Abstriche in der pharmazeutischen Qualität und bei der Patientensicherheit erfolgen. Die pharmazeutischen Kompetenzen von Apothekerinnen und Apothekern sowie den pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten können zielgenauer in der Arzneimittelversorgung eingesetzt werden.“

Neue Aufgaben

In den vergangenen Jahren wurde Apotheken bereits ermöglicht, neue Aufgaben in der Versorgung zu übernehmen – etwa durch pharmazeutische Dienstleistungen oder die Impfung gegen bestimmte Krankheiten. „Diesen Weg wollen wir konsequent weitergehen, um das Wissen von Apothekerinnen und Apothekern im Patientensinne bestmöglich zu nutzen. Als nächster Schritt sollen die Apotheken verstärkt in die Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und tabakassoziierten Erkrankungen eingebunden werden, etwa durch die Etablierung neuer pharmazeutische Dienstleistungen oder eine stärkere Einbeziehung in entsprechende Check-up-Untersuchungen.“ Entsprechende Pläne hatte das BMG bereits präsentiert.

Flexibilisierung/Entbürokratisierung

Das Apothekenwesen ist laut BMG geprägt durch zahlreiche Vorgaben, die Apotheken als Voraussetzung in der täglichen Versorgung einhalten müssen. „Solche Vorgaben sind auch weiterhin notwendig, soweit sie insbesondere der Patientensicherheit dienen. Gleichzeitig verursachen sie für die Apotheken zusätzliche Kosten und Bürokratie und sind daher hinsichtlich ihrer Aktualität zu überprüfen.“ Eine Entbürokratisierung könne Apotheken helfen, eine bessere wirtschaftliche Basis durch Kosteneinsparungen zu erreichen und Fachkräfte effizienter einzusetzen, so das BMG. „Ein Grund für das Schließen von Standorten ist zudem, dass teilweise zu wenige Fachkräfte zur Verfügung stehen. Im Sinne einer Fachkräftesicherung flexibilisieren wir den Fachkräfteeinsatz, bauen bestehende Hürden ab, die den Apotheken eine Fachkräftegewinnung erschweren, und erleichtern die Eingliederung von Fachkräften, die ihre Ausbildung im Ausland absolviert haben.“

Konkret plant das BMG:

  • Ermöglichung flexibler Öffnungszeiten, um diese an Personalressourcen und Bedürfnisse der Versorgung vor Ort anzupassen
  • einfachere Gründung von Zweigapotheken in abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheke
  • Möglichkeit zur Aufteilung der Leitung einer Filiale auch unter zwei Apothekerinnen und Apothekern
  • Möglichkeit der Apothekenneugründung für approbierte Apothekerinnen und Apotheker, die ihre Prüfung außerhalb Deutschlands bestanden haben (bislang: nur Übernahme bestehender Apotheken)
  • Fachkräfte aus dem Ausland sollen bereits während des Anerkennungsverfahrens wie Auszubildende für pharmazeutische Tätigkeiten eingesetzt werden können
  • Prüfung von Beschäftigungsmöglichkeiten weiterer Berufsgruppen mit geeigneter Ausbildung für bestimmte unterstützende Tätigkeiten in der Apotheke
  • Prüfung von Möglichkeiten zur Entbürokratisierung bestehender Regelungen im Apothekenalltag, etwa die Möglichkeit zur Vorhaltung bestimmter Materialien in digitaler Form, den Entfall bestimmter Dokumentationsanforderungen sowie die Möglichkeit der Aufbewahrung von Betäubungsmitteln in Kommissionierautomaten
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