Scholz stellt SPD-Minister vor

Lauterbach wird Gesundheitsminister

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Dr. Karl Lauterbach wird neuer Bundesgesundheitsminister.Foto: IMAGO / photothek
Berlin -

Professor Dr. Karl Lauterbach wird neuer Bundesgesundheitsminister. Das teilte die SPD am Montagmorgen mit. Lauterbach war bereits seit längerem im Gespräch für den Posten, ihm waren aber zuletzt eher geringe Chancen eingeräumt worden. Setzen SPD, Grüne und FDP ihre Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um, fällt Lauterbach in den kommenden vier Jahren die Aufgabe zu, den Apotheken- und Arzneimittelmarkt zu reformieren.

Der Arzt, Epidemiologe und altgediente Gesundheitspolitiker Dr. Karl Lauterbach wird neuer Bundesgesundheitsminister. Das Ressort wird damit zum ersten Mal seit 2009 wieder von der SPD geführt. Letzte SPD-Hausherrin war Ulla Schmidt, die allerdings den Rekord für die längste Amtszeit einfuhr.

Um das BMG wurde dem Vernehmen nach in den Koalitionsverhandlungen nicht gefeilscht – im Gegenteil: Bis zum Schluss wollte es angeblich keiner der Koalitionspartner haben. Laut Medienberichten, die sich auf Teilnehmer an den Koalitionsverhandlungen berufen, hat genau das schließlich den Ausschlag für die SPD gegeben. „Wir haben letztlich das Ministerium übernommen, weil jeder Fehler bei der Corona-Bekämpfung ohnehin auf Olaf Scholz als Kanzler zurückfällt“, zitiert die Tageszeitung Die Welt einen nicht namentlich genannten Sozialdemokraten. Das habe aber auch zu Unmut in der Partei geführt. „Jeden Tag fallen wichtige Entscheidungen zur Eindämmung von Corona, und wir präsentieren unseren Minister erst, wenn alles durch ist. Der oder die darf dann nur noch ausführen“, so ein Mitglied der Bundestagsfraktion.

Auf die Corona-Pandemie bezog sich auch der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz von der ersten Sekunde an bei der Vorstellung der Ministerinnen und Minister am Montag, als er Lauterbach verkündete. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen – Scholz nannte insbesondere Pfleger und Ärzte – hätten es verdient, dass die Gesundheitspolitik „eine erste Priorität in der Politik der Bundesrepublik Deutschland wird“. Die meisten Bürgerinnen und Bürger hätten sich gewünscht, dass „der nächste Gesundheitsminister vom Fach ist, das wirklich gut kann und dass er Karl Lauterbach heißt“, so Scholz. „Er wird es.“

Lange herrschte Rätselraten und Mutmaßen über diese in der Pandemie zentrale Personalie des Kabinetts. Neben Lauterbach waren auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Dr. Sabine Dittmar, die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping, die SPD-Vorsitzende Saskia Esken und zuletzt sogar die ehemalige Arbeitsministerin und SPD-Chefin Andrea Nahles im Gespräch. Lauterbach hingegen waren eher geringe Chancen eingeräumt worden: Zwar ist er zweifellos der bekannteste Gesundheitspolitiker der SPD – neben seinem Vorgänger Jens Spahn wahrscheinlich der bekannteste überhaupt.

Aber zwei gewichtige Gründe sprachen bisher gegen ihn: Erstens wurde erwartet, dass der Posten aus Proporzgründen an eine Frau geht, zweitens wird Lauterbach wenig Rückhalt in seiner eigenen Partei nachgesagt. Lauterbach gilt zwar als ausgewiesener Experte, allerdings auch als Einzelkämpfer, der sich schwer in die Abläufe von Partei und Fraktion einbinden lässt. Während der Corona-Pandemie hat er sich einen Ruf als Erklärer und umstrittener Warner erworben, die ihm in der Bevölkerung große Sympathien eingebracht hat. Allerdings sorgte er damit auch für Unmut in den eigenen Reihen: Eigentlich, so denken manche Genossen, hätte diese Rolle eher der bisherigen gesundheitspolitischen Sprecherin Bärbel Bas zugestanden, ihr habe Lauterbach die Show gestohlen. Bas ist mittlerweile zur Bundestagspräsidentin aufgestiegen.

Tatsächlich hatte Lauterbach nicht nur selbst in der Vergangenheit immer wieder signalisiert, dass er das Amt gern übernehmen würde, sondern hatte in den zurückliegenden Tagen aber auch eine wachsende Zahl öffentlicher Unterstützer. So sprach sich der grüne Gesundheitspolitiker Dr. Janosch Dahmen öffentlich für ihn aus, zuletzt positionierte sich sogar die Bild-Zeitung, die zuvor äußerst kritisch mit Lauterbach und speziell seiner Rolle in der Corona-Pandemie umgegangen war, für ihn.

„Ich darf mich zuerst einmal für das Vertrauen der Partei ganz herzlich bedanken bei dieser wichtigen Aufgabe, aber ich möchte mich auch bedanken für die vielen zustimmenden Worte aus der Bevölkerung, die ich erhalten habe“, erklärte Lauterbach am Montagmorgen und nahm sofort wieder ebenjene Rolle des Mahners ein: „Es wird ein wichtiges Amt werden, wir müssen diese Pandemie bekämpfen. Die Pandemie wird länger dauern als viele denken, wir werden das aber schaffen. Impfen wird die zentrale Rolle spielen, aber nicht nur, und wir werden darüber hinaus das Gesundheitssystem stärken.“

Dabei machte Lauterbach gleich das erste große politische Versprechen, an dem er sich in der Zukunft wird messen lassen müssen: „Mit uns wird es keine Leistungskürzungen im Gesundheitswesen geben. Ganz im Gegenteil: Wir werden das System wieder robuster machen.“ Deutschland werde für weitere Pandemien besser gerüstet sein, als es das für diese Pandemie war.

Die weiteren Minister der SPD wurden ebenfalls bekanntgegeben: Hubertus Heil bleibt wie erwartet Arbeitsminister, das Innenministerium soll Nancy Faeser übernehmen, Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht wechselt ins Verteidigungsministerium, Svenja Schulze übernimmt das Entwicklungsministerium und das neugeschaffene Bauministerium soll Klara Geywitz führen. Kanzleramtschef – ebenfalls im Ministerrang – wird der Scholz-Vertraute Wolfgang Schmidt.

Der neue Gesundheitsminister war bisher in der Apothekenbranche nicht allzu gut gelitten. Neben vielen anderen im Koalitionsvertrag vereinbarten Reformen im Gesundheitswesen könnten in den nächsten Jahren auch auf die Apotheken große Veränderungen zukommen. Der Koalitionsvertrag enthält bereits einige recht konkrete Ankündigungen:

  • „Die Arzneimittelversorgung durch Apotheken an integrierten Notfallzentren in unterversorgten Gebieten verbessern wir durch flexiblere Vorgaben in der Apothekenbetriebsordnung.“ Bereits im Vorfeld der Bundestagswahl hatten die Grünen signalisiert, dass sie auf dem Land flexiblere Formen zulassen wollen, etwa in Gestalt eines gelockerten Mehrbesitzes oder der Zusammenarbeit mehrerer Apotheken.
  • „Wir entwickeln den Nacht- und Notdienstfonds zu einem Sicherstellungsfonds weiter und schaffen eine Verordnungsfähigkeit für Notfallbotendienste in der ambulanten Notfallversorgung.“ Als Sicherstellungsfonds könnte der NNF besonders Apotheken in ländlichen Gebieten fördern, aber auch weitere Dienstleistungen vergüten.
  • „Wir novellieren das ‚Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken‘, um pharmazeutische Dienstleistungen besser zu honorieren und Effizienzgewinne innerhalb des Finanzierungssystems zu nutzen.“ Heißt: Apotheken sollen nicht einfach mehr Geld bekommen; vielmehr soll Honorar umverteilt werden, damit große Apotheken nicht vom Packungshonorar profitieren.

Auch die ärztliche Versorgung auf dem Land soll verbessert werden. „Wir stellen gemeinsam mit den KVen die Versorgung in unterversorgten Regionen sicher. Wir heben die Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich auf. Die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren und deren Zweigpraxen erleichtern wir und bauen bürokratische Hürden ab. Entscheidungen des Zulassungsausschusses müssen künftig durch die zuständige Landesbehörde bestätigt werden.“

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