Lauterbach wirbt für „Herbst der Reformen“ Patrick Hollstein, 12.09.2024 15:26 Uhr
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat für die Umsetzung seiner offenen Reformprojekte geworben. „In der Gesundheitspolitik stehen wir vor einem Herbst der Reformen“, sagte der SPD-Politiker in der Haushaltsdebatte im Bundestag.
In Deutschland gebe es eine im westeuropäischen Vergleich hohe Sterblichkeit und große Unterschiede in der Lebenserwartung von Arm und Reich. Dieser Aufgabe müsse man sich stellen. „Das ist nur mit echten Strukturreformen zu schaffen, nicht mit Bagatellreformen und noch weniger mit dummen Sprüchen“, sagte Lauterbach.
Beschlossen werden sollen neben der Apothekenreform unter anderem die umstrittene Krankenhausreform, bessere Bedingungen für Hausärzte und eine finanzielle Stabilisierung der Pflege. Der Minister räumte ein, dass die Beitragssätze „unter Druck“ stünden. Man könne die Bürger aber nicht durch Leistungskürzungen haftbar machen, weil die Politik Reformen nicht schaffe.
Opposition kritisiert Beitragssteigerungen
Von der Opposition kam Kritik. Tino Sorge (CDU) warf Lauterbach Realitätsverweigerung vor und warnte, die Krankenhausreform „mit dem Kopf durch die Wand“ werde nicht funktionieren. Mit Blick auf die finanziellen Belastungen gesetzlich Versicherter fragte er: „Wie oft wollen Sie noch die Beiträge erhöhen?“
Lauterbach betonte: „In der Gesundheitspolitik funktioniert die Ampel.“ Er rief auch die Opposition auf, „nicht zu schmollen und sich nicht auf Floskeln zurückzuziehen, sondern mitzuziehen.“ Paula (Grüne) Piechotta sagte, man müsse bei der Krankenhausreform die Frage stellen, ob es fair sei, Kosten den gesetzlich Versicherten aufzubürden statt den Steuerzahlern.
Der FDP-Haushälter Karsten Klein kritisierte auch mit Blick auf die Länder, wer mehr Ausgaben für das Krankenhaussystem fordere, sollte ehrlich sein und höhere Beitragssätze fordern. SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens sagte: „Die Belastbarkeit der Beitragszahler muss eine Grenze haben.“ Lauterbach hat bereits erkennen lassen, dass 2025 mit Beitragsanhebungen zu rechnen ist.
Lauterbach ins Plenum zurückbeordert
Der Minister verließ den Plenarsaal während der laufenden Aussprache nach seiner Rede und wurde – wieder einmal – zurückbeordert. Nach einem Protest aus der Union gegen die Abwesenheit mit der Begründung eines Termins im Kanzleramt sagte der amtierende Präsident Wolfgang Kubicki (FDP), er teile den Unmut. Daher habe er die Regierung gebeten, dafür zu sorgen, dass der Minister zurückkehrt. Das sei ihm zugesagt worden. Lauterbach nahm kurz darauf wieder auf der Regierungsbank Platz.
Jetzt müssen Taten folgen
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) mahnte noch einmal: „Der Bundesgesundheitsminister hat es selbst in der Hand, ob dieser Herbst für Reformen oder für Stillstand stehen wird. So ist bei der Krankenhausreform entscheidend, dass Lauterbach endlich auf die Forderungen der Länder eingeht. Dieser Ankündigung von ihm müssen jetzt rasch Taten folgen. Denn Reformen sind nur dann ein Fortschritt, wenn sie sinnvoll sind.“
Bisher drohe mit den angekündigten Reformen nämlich eine Verschlechterung der Versorgung statt einer Verbesserung – „vor allem in manchen ländlichen Regionen. Außerdem muss der Bundesgesundheitsminister endlich Soforthilfen für Krankenhäuser in die Wege leiten. Denn immer mehr Kliniken stehen wegen der hohen Betriebskosten am Rand ihrer Existenzfähigkeit.“