Mit den Gesundheitskiosken will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die medizinische Versorgung auf breitere Füße stellen. Doch damit nicht genug. Flankierend soll mit dem Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (GVSG) eine zweite neue Versorgungsform eingeführt werden, und zwar Primärversorgungszentren.
In den Primärversorgungszentren soll Versicherten neben der regulären hausärztlichen Versorgung ein „besonderes hausärztliches Versorgungangebot“ zur Verfügung gestellt werden, das „durch zusätzliche berufsgruppenübergreifende, koordinierte, kooperative und versorgungssteuernde Versorgungelemente gekennzeichnet ist“ und „insbesondere den besonderen medizinischen Bedürfnissen älterer und multimorbider Patientinnen und Patienten gerecht wird“. Hier sollen auch zusätzliche Leistungen gesondert abgerechnet werden können.
Neben der eigentlichen Behandlung sollen den Patienten durch die Kooperation mit einem in erreichbarer Nähe liegenden Gesundheitskiosk oder der jeweiligen Kommune „ergänzende soziale Beratungs- und Unterstützungsangebote“ gemacht werden. „Indem Primärversorgungszentren mit anderen Fachärztinnen und Fachärzten sowie weiteren nichtärztlichen Leistungserbringern kooperieren, wird eine effektive Versorgungssteuerung, sowie eine zeitgerechte, den medizinischen Notwendigkeiten entsprechende Behandlung ermöglicht.“
Rechtsgrundlage bildet ein neuer § 73a Sozialgesetzbuch (SGB V); hier ist geregelt, dass Primärversorgungszentren nur von zugelassenen Ärztinnen und Ärzten, Berufsausübungsgemeinschaften und medizinischen Versorgungszentren (MVZ) gegründet werden dürfen. Um eine gewisse Größe zu garantieren, müssen jeweils mindestens drei volle hausärztliche Versorgungsaufträge nachgewiesen werden. Die Gründung von Primärversorgungszentren muss bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beantragt werden und ist nur in Gebieten möglich, für die im hausärztlichen Bereich eine eingetretene oder drohende Unterversorgung festgestellt wurde.
Daneben müssen die Primärversorgungszentren weitere Anforderungen erfüllen:
Die Einzelheiten und Voraussetzungen müssen Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten im Bundesmantelvertrag vereinbaren, dabei geht es insbesondere um:
Auf der Grundlage dieser Vereinbarung soll der Bewertungsausschuss dann die Vergütung regeln, insbesondere was nichtärztliche Leistungen angeht. Alle drei Jahre sollen dann dem BMG die abgerechneten nichtärztlichen Leistungen sowie die Versorgungsqualität gemeldet werden.
Das BMG begründet die Regelung mit den Herausforderungen der hausärztlichen Versorgung. „Zum einen wird es insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen zunehmend schwieriger, Hausärztinnen und Hausärzte für eine Niederlassung zu gewinnen. Zum anderen führt die demographische Entwicklung insbesondere dort zu einer Zunahme älterer und multimorbider Patientinnen und Patienten, so dass sich auch die inhaltlichen Anforderungen an die medizinische Grundversorgung wandeln.“
Erforderlich sei daher ein breiter, koordinierter Ansatz, der auch die Verbindung zu sozialer Beratung und Unterstützung herstelle. Zudem solle durch eine vernetzte und kooperativ aufgestellte Zusammenarbeit sowie die Unterstützung und Entlastung der ärztlichen Arbeit durch nichtärztliche Fachkräfte die Attraktivität zur Niederlassung in Regionen mit Versorgungsschwierigkeiten gesteigert werden. „Vor diesem Hintergrund soll in Planungsbereichen mit Versorgungsproblemen im hausärztlichen Bereich die Möglichkeit geschaffen werden, Primärversorgungszentren zu errichten.“
Ziel ist es laut BMG, den „Herausforderungen in der hausärztlichen Versorgung insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen zu begegnen und den besonderen Bedürfnissen älterer und multimorbider Patientinnen und Patienten gerecht zu werden“. Die Primärversorgungszentren sollen als „attraktive Beschäftigungsmöglichkeit für Hausärztinnen und Hausärzte“ auch die Bereitschaft zur Niederlassung in diesen Regionen steigern.
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