Kein Verständnis für Apotheken

„Lauterbach weiß nicht, was in seinem Gesetz steht“

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Berlin -

Robert-Martin Montag, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Thüringer Landtag, macht sich aktuell ein Bild von der Situation der Apotheken in Deutschland. Bei seinen Besuchen und Gesprächen in verschiedenen Bundesländern hört er immer wieder dasselbe: Die Finanzierungsprobleme spitzen sich zu und das geplante Apothekenreformgesetz (ApoRG) geht seiner Meinung nach an den drängenden Herausforderungen vorbei.

„Wir brauchen eine Stärkung der Apotheken in der Versorgungskette“, so Montag. Gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel und die Überlastung der Ärzte würden Apotheken als erste Anlaufstelle immer wichtiger: „Je weniger Arztzeit zur Verfügung steht, desto entscheidender werden die Apotheken“, erklärt er.

Das ApoRG trage diesen Notwendigkeiten jedoch nicht ausreichend Rechnung, kritisiert der Politiker. „Wir müssen die Apotheken stärken – das beginnt mit einer finanziellen Stärkung.“ Er erinnert daran, dass es seit 2013 keine Honoraranpassung mehr gegeben habe. Im ApoRG plane Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nun sogar, den variablen Teil der Vergütung weiter abzusenken. Das würde die ohnehin finanziell angeschlagene Branche weiter schwächen, warnt Montag.

Vorfinanzierung für Arzneimittel

Der Staat wolle die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen und greife dafür auf das private Kapital der Apotheker zurück, die die Medikamente vorfinanzieren müssten, so Montag. Teilweise müssten die Apotheken sogar Kredite aufnehmen. Insbesondere bei hochpreisigen Medikamenten bestehe ein erhebliches Risiko für den Betrieb. Die Handelskomponente von 3 Prozent sei nicht nur ein Ausgleich, sondern auch eine Absicherung dieses Risikos. Darüber hinaus würden mit diesen 3 Prozent auch Beratungsleistungen und Anwendungshinweise finanziert, die gerade in der ambulanten Versorgung schwerkranker Patienten notwendig seien, um die Qualität der Versorgung zu sichern.

Die ohnehin geringe kaufmännische Freiheit der Apotheken reiche bei weitem nicht aus, um die explodierenden Kosten zu decken. „So viele Hustenbonbons kann die Bevölkerung gar nicht essen, dass die Apotheke die Kostensteigerung über die kaufmännische Komponente ausgleichen könnte“, sagt Montag.

„Was das Apothekennetz leistet, könnte der Staat weder in gleicher Qualität noch kostengünstiger übernehmen“, betonte er. Es gebe daher einen gesetzlichen Auftrag, der sich auch aus § 79 Arzneimittelgesetz (AMG) ableiten lasse, die Versorgungsstrukturen in ihrer Wirtschaftlichkeit zu erhalten.

Auch mit dem Skonto-Urteil habe der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, dass die Wirtschaftlichkeit durch die Kernkompetenz der Abgabe von Arzneimitteln gewährleistet werden müsse und eben nicht durch Rabatte des Großhandels. Lauterbachs Reform widerspreche dem Fairnessgebot zwischen Staat und Apothekerschaft, urteilt Montag.

Auf einer Wahlkampfveranstaltung der SPD in Chemnitz hatte Lauterbach selbst kürzlich die angespannte finanzielle Situation der Apotheken thematisiert: „Er gibt zu, dass Geld fehlt, kürzt aber gleichzeitig wichtige wirtschaftliche Komponenten weiter“, krtisiert Montag. „Entweder hat der Mann keine Ahnung oder er weiß nicht, was in seinem Gesetz steht.“ Auch wenn sich durch Schließungen mehr Patienten auf weniger Apotheken verteilen, verbessere das die Situation nicht. Umsatz sei nicht gleich Gewinn, betont Montag.

Apotheken sind keine Abgabestellen

Zum Abgabeprozess gehöre weit mehr als nur die Übergabe einer Packung über den HV-Tisch. Bevor ein Arzneimittel sicher abgegeben werden könnte, sei ein erheblicher Aufwand erforderlich. Dazu gehörten Beratungsleistungen, Anwendungshinweise, das Management von Lieferengpässen und gegebenenfalls telefonische Rücksprachen mit Ärzten. Der Gesundheitsminister scheine nicht zu verstehen, welcher Aufwand bei der Abgabe von Arzneimitteln notwendig sei. „Lauterbach sollte nicht nur zum Fototermin in der Apotheke erscheinen, sondern den gesamten Prozess kennenlernen“, kritisiert Montag.

Lauterbach mache Vorschläge aus dem Elfenbeinturm, ohne sich der tatsächlichen Konsequenzen bewusst zu sein. Reformen müssten sich aber an der Versorgungsrealität orientieren. „Es gibt viele Bereiche, in denen wir es leichter machen könnten – wo bleibt das Gesetz zum Bürokratieabbau?“, fragt sich Montag. Aus seiner Sicht ist Lauterbach nicht mehr als ein Ankündigungsminister: „Lauterbach versteht weder die wirtschaftlichen Zahlen noch die Probleme der Apotheken.“

Statt den Apotheken weiter den Hahn zuzudrehen, müsse geprüft werden, welche Leistungen finanziert werden könnten und wo Wirtschaftlichkeitsreserven im System liegen. „Das ist die Aufgabe eines Gesundheitsministers“, so Montag. Von Lauterbach komme aber nichts dergleichen.

Keine „Apotheke light“

Wie jüngst FDP-Chef Christian Lindner (FDP) lehnt Montag das Konzept einer „Apotheke light“ ab. Die Kompetenz der Apotheke liege nicht in der reinen Abgabe von Medikamenten, sondern in der Beratung und Begleitung der Patienten, betont er. „Der Patient geht klüger aus der Apotheke heraus, als er hineingegangen ist“, so Montag. Diese Qualität könnten nur Apotheken mit einem Apotheker vor Ort bieten.

Montag wird an diesem Freitag einen Notdienst in einer Apotheke begleiten. Die Erhöhung der Notdienstpauschale hält der Politiker zwar für sinnvoll, aber eine Erhöhung der Notdienstvergütung würde nicht ausreichen, um die Wirtschaftlichkeit der Apotheken zu sichern. „Da müsste man jeden Tag Notdienst machen“, sagt er.

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