Lauterbach verteidigt Apotheker APOTHEKE ADHOC, 14.02.2014 09:48 Uhr
Die „Pille danach“ wird für die Große Koalition zum Streitfall: Nachdem das Thema im Koalitionsvertrag ausgespart wurde, geht die SPD jetzt auf Konfrontationskurs zur Union. Die Sozialdemokraten pochen auf eine Entlassung aus der Rezeptpflicht, obwohl das CDU-geführte Bundesgesundheitsministerium (BMG) dagegen ist. Gestern wurden im Bundestag zwei Anträge der Opposition besprochen.
SPD-Gesundheitsexperte Professor Dr. Karl Lauterbach nahm in der Debatte den Koalitionspartner in die Pflicht: Die Union weise oft auf die Beratungskompetenz der Apotheker hin. „Hier wäre die Gelegenheit, den Apotheker einmal zu verteidigen, denn diesen Wirkstoff kann der Apotheker ohne Wenn und Aber beratend verschreiben.“
Es gehe nicht um ein Verbot der Beratung durch den Arzt, sondern um die Ergänzung um die Beratung durch den Apotheker. „Hier sollend die Rechte der Frauen gestärkt werden und nicht die Rechte der Gynäkologen eingeschränkt werden“, so Lauterbach.
Der Wirkstoff Levonorgetrel sei seit 1966 Jahren auf dem Markt und werde seit mehr als 20 Jahren als Pille danach eingesetzt, so Lauterbach. In 79 Ländern weltweit bestehe für den Wirkstoff keine Rezeptpflicht. Auch die WHO sage ausdrücklich, dass die Nachverhütungsmethode sehr sicher sei. „Das ist einer der sichersten Wirkstoffe, die auf dem Markt sind“, so Lauterbach.
Die Wirksamkeit des Wirkstoffs zwischen 52 und 94 Prozent sei nicht besonders hoch. Aber der entscheidende Faktor sei, wie schnell die Pille danach eingenommen werde. Das Hauptproblem sei eine verspätete Einnahme. „Und dazu leistet Ihr willkürlicher Vorschlag einen Beitrag. Das ist nicht schön“, so Lauterbach zur Union.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Annette Widmann-Mauz (CDU), verteidigte die Haltung der Union: „Wer die Pille danach braucht, hat ganz konkret Angst – Angst vor einer möglichen Schwangerschaft – und braucht zeitnah und niederschwellig kompetente medizinische Hilfe. Das ist mehr als die bloße Abgabe eines Medikaments und es erfordert auch mehr, als in der Regel am Nachtschalter in einer Apotheke oder gar von einer Versandapotheke, ganz zu schweigen von der Pick-up-Stelle, geleistet werden kann“, so Widmann-Mauz.
In solchen Situationen habe sich ein geschütztes Arzt-Patienten-Verhältnis bewährt. Die Bundesregierung wolle den Frauen die Pille danach nicht vorenthalten. „Wir wollen im Interesse der Gesundheit der Frauen aber auch nicht auf die ärztliche Beratung verzichten. Das stärkt Frauen in ihrer Selbstbestimmung und gibt ihnen Sicherheit“, so Widmann-Mauz.
Die Arzneimittelexpertin der Linksfraktion, Kathrin Vogler verwies auf die Empfehlung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht: Wozu man eigentlich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und einen Sachverständigenausschuss eingerichtet habe, „der kompetent und unabhängig von Einzelinteressen“ über die Verschreibungspflicht berate, „wenn die Bundesregierung die Entscheidung dieses Ausschusses offensichtlich überhaupt nicht interessiert“.
Die Linke hatte in ihrem Antrag gefordert, die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) „schnellstmöglich“ zu ändern. Die Pille danach solle ab Mai rezeptfrei erhältlich sein. Außerdem sollte eine Regelung zur Erstattungsfähigkeit von rezeptfreien Präparaten zur Notfallkontrazeption geschaffen werden.
Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte einen entsprechenden Antrag gestellt. Demnach soll es „sowohl im Internet als auch für die Beratung in der Apotheke eine Entscheidungshilfe zur Verfügung gestellt“ werden. Darüber hinaus solle dafür Sorge getragen werden, „dass sowohl im Internet als auch für die Beratung in der Apotheke eine Entscheidungshilfe zur Verfügung gestellt wird“.
Die Entscheidungshilfe soll Frauen ausgehändigt werden können, die die Beratung in der Apotheke ablehnen. Darin soll auf Beratungsangebote zur Verhütung und bei Gewaltfällen aufmerksam gemacht werden. Der Fraktion schwebt vor, dass auch rezeptfreie Notfallkontrazeptiva, die als Therapiestandard gelten, ausnahmsweise verordnet werden können.