Kommentar

Lauterbach: Grüße aus dem Elfenbeinturm

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Berlin -

Zwei Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sorgt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erneut für Schlagzeilen: Er kündigt kurzerhand weitere Beitragserhöhungen an, um seine umstrittenen Reformen zu finanzieren. Diese Entscheidung könnte nicht nur die ohnehin angeschlagene SPD im Wahlkampf belasten, sondern auch Lauterbachs eigene Position in der Bundesregierung weiter schwächen. Ein Kommentar von Lilith Teusch.

In einem Interview mit dem Magazin Stern sagte Lauterbach auf die Frage nach den schlechten Umfragewerten der SPD in den beiden Bundesländern, er versuche mit seiner Arbeit ein gutes Wahlergebnis zu erzielen. Kurz darauf kündigt der Minister im selben Gespräch an, dass die Zusatzbeiträge für die Versicherten im kommenden Jahr weiter steigen werden – weil er das Geld für seine umstrittenen Reformen braucht. Politische Maßnahmen zur Stabilisierung der Krankenkassen? Fehlanzeige. Er wolle das System nicht kaputt sparen, so Lauterbach.

Auch im Hinblick auf das Standing seiner Partei sieht sich der Bundesgesundheitsminister nicht als Problem, im Gegenteil: Das, was er als Krankenhausreform bezeichnet, würde sogar im Wahlkampf helfen, weil die Bürger wüssten, dass die Reform notwendig sei. Zufrieden zeigte sich Lauterbach auch mit der Arbeit seiner Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene. Die Zusammenarbeit in der Ampelkoalition in der Gesundheitspolitik funktioniere ohne die üblichen Konflikte. Er spricht von „echter Teamarbeit“.

Echtes Teamwork

Die Bilanz nach fast vier Jahren Lauterbach sieht nicht gut aus: Sein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) ist inhaltlich ausgehöhlt, seine Krankenhausreform stockt, die Apothekenreform schafft es nicht ins Kabinett und von seiner groß angekündigten Reform der Pflegefinanzierung fehlt jede Spur – um nur einige Beispiele zu nennen. Die Kritik an Lauterbach wird lauter.

Nicht nur Standesvertreter und Leistungserbringer ärgern sich öffentlich über den Minister, auch Politiker greifen sein Vorgehen an. Lauterbach spreche mit niemandem und ignoriere Kritik an Gesetzen auf Landesebene. Selbst im Kabinett fehlt ihm der Rückhalt: Der Koalitionspartner FDP zeigt offenbar keine Lust mehr, Lauterbachs Reformvorhaben mitzutragen. Und sogar in der eigenen Partei rumort es: Die Spitzenkandidatin der SPD in Sachsen, Petra Köpping, drohte dem Minister mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses, wenn er nicht endlich auf die Kritik der Länder an seiner Apothekenreform eingehe.

Seit dem Bekanntwerden der ungeschwärzten RKI-Protokolle steht zudem der Vorwurf im Raum, Lauterbach habe das Institut politisch beeinflusst.

Vier weitere Jahre

Wer nun auf Einsicht des Ministers gehofft hat, wird enttäuscht: Lauterbach scheint das alles völlig auszublenden. Im Interview mit dem Stern zeigt er sich nicht nur zufrieden mit seiner Arbeit, er mache sie auch gern: „Und Ideen für Verbesserungen im Gesundheitssystem hätte ich auch noch für eine weitere Legislatur“, verkündet Lauterbach im Interview. Eine Aussage, die sich für die Leistungserbringer im Gesundheitswesen wohl nur als Drohung lesen kann. Eine Bilanz seiner Amtszeit will er noch nicht ziehen, schließlich sei er noch mittendrin.

Dem Bundesgesundheitsminister eine Realitätsferne zuzusprechen, erscheint angesichts seiner Äußerungen im Stern noch milde. Wie hoch darf ein Elfenbeinturm sein? Und wie hoch muss er sein, damit er sein eigenes Gewicht nicht mehr tragen kann? Die Quittung wird Lauterbach wohl erst bei der nächsten Bundestagswahl bekommen – zu spät für seine Parteikollegen in den Ländern.

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