Gesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet, dass als Folge der Krankenhausreform in den nächsten Jahren Hunderte Krankenhäuser schließen werden. „Es ist ganz klar, dass wir in zehn Jahren spätestens ein paar Hundert Krankenhäuser weniger haben werden“, sagte der SPD-Politiker der „Bild am Sonntag“. Vor allem Kliniken in westdeutschen Großstädten dürften betroffen sein.
„Das ist auch richtig so. Für diese Krankenhäuser haben wir nicht den medizinischen Bedarf“, begründete Lauterbach den absehbaren Wegfall der Einrichtungen. Schon jetzt stehe jedes dritte Bett leer und es gebe zu wenig Personal. Zugleich betonte er, dass dringend benötigte Krankenhäuser auf dem Land Zuschläge bekämen, um zu überleben.
Lauterbach erklärte am Sonntag ergänzend, die Reform sichere eine flächendeckende Versorgung und sorge für mehr Qualität. „Krankenhäuser auf dem Land bleiben erhalten. Aber mehrere hunderte Kliniken – vor allem in westdeutschen Großstädten – werden nicht mehr so weiterarbeiten können wie bisher. Sie werden umgewidmet oder können nicht mehr alle Leistungen anbieten.“ Er sei sicher, dass die Länder dies verantwortungsvoll planen würden. „Die Reform hilft, ein ungesteuertes Krankenhaussterben zu verhindern.“
Die Krankenhausreform soll die Finanzierung der Kliniken auf eine neue Grundlage stellen und zu einer stärkeren Spezialisierung bei komplizierteren Eingriffen führen. Vorgesehen ist, die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle in Kliniken zu ändern. Künftig sollen sie 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Das soll den Druck senken, möglichst viele Fälle zu behandeln.
Deutschland hat nach Angaben des Gesundheitsministeriums mit rund 1700 Krankenhäusern die höchste Krankenhaus- und Bettendichte in Europa. Viele Kliniken schreiben rote Zahlen. Lauterbach sieht die Reform deshalb auch als eine Notbremse: Ohne Änderungen drohten Klinik-Insolvenzen, schlechte Behandlung und weite Wege.
Nach der prognostizierten Erhöhung der Krankenkassenbeiträge erwartet Lauterbach im kommenden Jahr aber keine weiteren Steigerungen. Er glaube nicht, dass für 2026 noch mal die Krankenkassenbeiträge erhöht werden müssten. „Mit den Reformen, die wir jetzt schon gemacht haben, die jetzt anfangen zu wirken, und den Reformen, die wir gerade machen, kommt tatsächlich auch dieser Beitragssatzanstieg zu einem Stopp.“
Lauterbach hatte die von Experten prognostizierte Erhöhung der Beiträge in dieser Woche historisch genannt. Fachleute des sogenannten Schätzerkreises hatten für das Bundestagswahljahr 2025 eine rechnerisch nötige Beitragssatzerhöhung um 0,8 Punkte auf 2,5 Prozent vom beitragspflichtigen Einkommen ermittelt. Bei dem Wert handelt es sich allerdings um eine theoretische Größe. Wie sehr der Beitragssatz steigt, entscheidet jede Krankenkasse für sich.
Ohne die Krankenhausreform wäre der Beitragssatz nicht so stark gestiegen, wie es jetzt erwartet werde, sagte Lauterbach. „Die Krankenhausreform kostet jetzt kurzfristig etwas, macht Druck auf den Beitragssatz.“
Kritik an den Kosten der Reform, die noch durch den Bundesrat muss, kommt aus der Opposition. Der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge schrieb auf der Plattform X, dass sich Lauterbach „angesichts historischer Beitragsexplosion“ fälschlicherweise als „preisgünstigster Gesundheitsminister“ darstelle.
In Kraft treten soll die Reform zum 1. Januar 2025. Umgesetzt werden soll die neue Struktur dann nach und nach bis 2029.
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