Knapp 500 Positionen umfasst die Liste der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldeten Lieferengpässe derzeit (Stand 4. Oktober). Während Apotheken insbesondere wegen der Versorgung mit Kinderarzneimitteln bereits Alarm geschlagen haben, sprach das BfArM zuletzt von einer Entspannung. Diese sieht auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und lobt sich dafür selbst: Schuld an den Lieferengpässen seien die alten „Ramschverträge“ mit super billiger Ware, die mitunter noch gültig sind.
„Lieferengpässe gibt es in ganz Europa, insbesondere bei preiswerten Generika“, betont der Minister zu Beginn der neuen Folge „Karl Text“ auf dem Instagram-Kanal des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). „Wir arbeiten sehr intensiv an der Lage.“ Daher sei diese auch besser geworden, lobt sich Lauterbach selbst. Mit Engpässen sei jedoch auch dieses Mal – sprich im Herbst und Winter – zu rechnen. Noch vor Kurzem hatte er ganz andere Töne angeschlagen und die Warnungen von Apothekern zurückgewiesen.
Den Grund sieht der Minister darin, dass entsprechende Regelungen des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (Engpassgesetz, ALBVVG) noch nicht vollständig wirken könnten. „Sofort als ich ins Amt gekommen bin, haben wir ein Gesetz gemacht, wo wir die Rabattverträge umgestellt haben.“ Mit dem ALBVVG müsse jeder, der liefere, auch für mehrere Monate Vorrat nachweisen können. Damit sollen Lieferengpässe künftig passé sein. „Denn wenn produziert werden kann, ist etwas da. Wenn nicht produziert werden kann, werden die Vorräte verbraucht.“
Die neuen Verträge mit der Pflicht zur Vorratshaltung könnten jedoch erst ab dem nächsten Jahr richtig wirken, denn zahlreiche „alte Ramschverträge“ mit super billiger Ware, die oft nicht lieferbar ist, seien bisher noch gültig. „Es wird jetzt besser“, verspricht der Minister jedoch.
Nachdem in den vergangenen Wintern die Versorgung mit Kinderarzneimitteln mitunter deutlich eingeschränkt war, soll in diesem Jahr alles besser werden. „Bei Fiebersäften, bei Antibiotika, bei der Versorgung von Kindern, auch RSV – da machen wir jetzt die Impfung, da habe ich den Impfstoff aus den Vereinigten Staaten besorgen lassen – da stehen wir in diesem Winter ganz anders da“, lobt Lauterbach sich selbst und seine Arbeit.
Auch bei Krebsmedikamenten habe sich die Situation deutlich entspannt. Dort seien weniger Engpässe zu verzeichnen. Hinzukommt, dass Patient:innen im Falle einer Nichtverfügbarkeit meist auf andere Arzneimittel umgestellt werden könnten. „Gott sei Dank, muss man sagen, sodass hier nicht der Eindruck entstehen darf, dass wir flächendeckende Probleme haben“, mahnt der Minister. Denn tatsächlich sei derzeit nur eines von 100 Arzneimitteln schwer oder nicht lieferbar, so der Minister.
Um künftig weitere Fortschritte in der Versorgung oder sogar Heilung von Krebspatient:innen sowie von Menschen, die an Demenz, Multipler Sklerose, Parkinson oder Long-Covid erkrankt sind, zu machen, brauche es eine starke Pharmaindustrie, die entsprechend forscht und gute Medikamente auf den Weg bringt.
APOTHEKE ADHOC Debatte