„Das kann mir komplett egal sein“

Lauterbach: Demos beeindrucken mich nicht

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Berlin -

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) war mal wieder im ZDF bei Markus Lanz – und ging einmal mehr öffentlich auf Distanz zu den Lobbygruppen. Tenor: Ihr könnt protestieren, ich zieh die Sache trotzdem durch.

Lauterbach wird vorgeworfen, zu wenig mit den Beteiligten im Gesundheitswesen zu sprechen und ihnen Gesetzentwürfe vollkommen unabgestimmt vorzusetzen. Genau diesen Eindruck unterstrich sein Auftritt bei Lanz: Bisher habe man den Pharmafirmen alles durchgehen lassen, es habe Pharmadialoge gegeben, als würde man Weihnachten über das Essen rede, es sei gar nichts passiert. „Als ich Minister wurde, hab ich gesagt, wir machen das jetzt.“

Ob es viel Lobbyismus gebe, wollte Lanz dann wissen. „Viel. Vor meiner Tür wird demonstriert, ich bekommen Anrufe, Nachfragen von politischen Kollegen“, so Lauterbach. „Ich bin nicht unfair der Industrie gegenüber: Wo gute Medikamente gemacht werden, müssen auch gutes Preise bezahlt werden. Aber dass man uns zum Narren hält, indem man Rabattverträge macht und dann nicht liefern kann, weil man etwa Kinderarzneimittel lieber nach Holland verkauft, das bin ich nicht bereit mitzumachen. Insofern bin ich ein Lobbyschreck, weil ich nicht bereit bin, das mitzumachen. Also wenn da vorm Haus demonstriert wird oder gepfiffen wird oder was auch immer – das kann mir komplett egal sein. Wenn es der Sache wegen notwendig ist, zieh ich das durch ohne Ende. Das muss so sein.“

Auf das Thema kam die Runde, nachdem Lauterbach seine Krankenhausreform ausführlich verteidigt hatte. Diese sei überfällig: „Ich mache jetzt die Reform, die seit 15 Jahren fehlt.“ Er habe sie aber nicht mit den üblichen Lobbygruppen abgestimmt, wie es sonst oft vorkomme, sondern mit „Top-Wissenschaftlern“.

Beteiligt seien daran neben dem Bundesgesundheitsministerium drei Länder, wahrscheinlich Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Lauterbach begründete dies mit der parteipolitischen Ausgewogenheit. Mit weiterem Widerstand von dieser Seite rechnet er nicht: „Die Länder wissen, sie brauchen die Reform. Sie werden staunen, wir werden die Eckpunkte am kommenden Donnerstag beschließen.“ Dann werde man den Gesetzentwurf über den Sommer fertigstellen.

Dass Kliniken schließen müssten, spiele für ihn keine Rolle. Es gehe um Qualitätskontrolle, nur gute Kliniken sollen überleben: Ob es dann am Ende mehr oder weniger Kliniken, sei egal, solange die Menschen gut versorgt und vor Minderqualität geschützt würden. „Ich mache die Reform für die einfachen Leute.“ Kleinere Kliniken könnten bestimmte Leistungen nicht mehr anbieten, weil sie nicht dafür bezahlt werden. Sie bekämen dagegen eine Pauschale, damit sie über die Runden kämen. Nach den heutigen Anforderungen würden sie nicht überlegen.

Auch das Engpassgesetz sei längst überfällig, genauso wie die elektronische Patientenakte (ePa) und an der Digitalisierung, so Lauterbach weiter. „Ich mache das Geschäft als Minister jetzt ein Jahr, ich arbeite seit Stunde Null parallel zu Covid an den großen Strukturreformen.“ Als er gemeinsam mit Ulla Schmidt (SPD) 2003 die Grundsteine für die ePa gelegt habe, hätte er niemals gedacht, dass er selbst noch 20 Jahre später die Umsetzung machen müsse.

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