Der durchschnittliche GKV-Beitrag steigt im kommenden Jahr voraussichtlich um 0,2 Prozentpunkte auf 15,7 Prozent. So lautet zumindest die Prognose des Schätzerkreises beim Bundesversicherungsamt (BVA). Dabei handelt es sich um eine Empfehlung für das Bundesgesundheitsministerium (BMG), das in den nächsten Wochen die endgültige Zahl festlegt.
Den allgemeinen Beitrag von 14,6 Prozent teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte. Der Rest wird über Zusatzbeiträge von den Versicherten allein getragen. Auch den Anstieg müssten die Arbeitnehmer allein schultern müssen. Der Zusatzbeitrag läge demnach künftig bei 1,1 Prozent.
Die Große Koalition hatte den Kassenbeitrag 2015 auf 14,6 Prozent gesenkt. Außerdem wurden die einkommensunabhängigen Zusatzbeiträge in Euro und Cent gestrichen. Die Kassen durften wieder prozentuale Zusatzbeiträge nehmen, für das laufende Jahr wurde ein Durchschnittswert von 0,9 Prozent angenommen, den tatsächlich viele Kassen verlangen. Die Kassen hatten schon früh gewarnt, dass die Zusatzbeiträge bereits 2016 auf durchschnittlich 1,1 bis 1,2 Prozent steigen würden.
Der vormalige Sonderbeitrag von 0,9 Prozent der Versicherten wurde aufgehoben, so dass sich der Beitrag wieder gleichmäßig auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer verteilt. Allerdings nur bis zur nächsten Steigerung, die demnächst bei vielen Kassen anstehen dürfte. Der Arbeitgeberbeitrag wurde eingefroren. Damit dürfte sich der Druck auf die Kassen erhöhen. Denn wenn sie ihre Zusatzbeiträge zu stark anheben, könnten sich ihre Mitglieder eine neue Kasse suchen.
Der Schätzerkreis gehe in seinen Berechnungen davon aus, dass den Krankenkassen 2016 rund drei Milliarden Euro fehlten, berichtete die „Bild“-Zeitung. Das entspreche einem Anstieg des Beitragssatzes um bis zu 0,3 Punkte. Damit würde der durchschnittliche Beitragssatz auf bis zu 15,8 Prozent steigen.
Die Krankenkassen kritisieren schon seit längerem, dass die von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplanten Reformen im Gesundheitswesen für sie erhebliche Zusatzbelastungen brächten. Zudem schreiben inzwischen alle Kassenarten Defizite. Daher wurde schon zuvor erwartet, dass die Kassen im kommenden Jahr ihren Zusatzbeitrag um durchschnittlich 0,2 bis 0,3 Prozent erhöhen müssen.
Angesichts solcher Beitragssteigerungen verlangt die SPD eine Rückkehr zu einer fairen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. „Die Beitragssteigerungen bei der gesetzlichen Krankenversicherung müssen allein von den Arbeitnehmern geschultert werden“, kritisierte die SPD-Gesundheitspolitikerin Hilde Mattheis. Die Lasten müssten wieder fair zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern verteilt werden.
Mattheis wies darauf hin, man habe sich in der Koalition von Union und SPD verständigt, dass ein zu hoher Zusatzbeitrag nicht akzeptabel sei. „Diese Grenze wird nun gerissen“, sagte sie.
Auch die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink plädierte dafür, die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung wieder einzuführen. Nach ihrer Einschätzung werden die Zusatzbeiträge noch weiter steigen und die Einkommen legten bei weitem nicht so schnell zu.
Der Linken-Gesundheitspolitiker Harald Weinberg erklärte, die Schieflage bei den Krankenkassenfinanzen sei absehbar gewesen. „Nun hat es die Bundesregierung schwarz auf weiß, wie stark sie nächstes Jahr die Beitragszahler schröpfen wird. Bereits dieses Jahr zahlen die Versicherten über zehn Milliarden Euro mehr als die Arbeitgeber. Nächstes Jahr werden es über 13 Milliarden sein.“ Auch Weinberg verlangte, dass die Parität, das Prinzip „halbe-halbe“, zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wiederhergestellt werden müsse.
Benötigen die Kassen mehr Geld als ihnen aus dem gesetzlichen Beitrag zusteht, müssen sie je nach eigener Finanzlage einen zusätzlichen Beitrag selbst bestimmen, den allein die Arbeitnehmer zahlen müssen. Im ersten Jahr dieser Neuregelung hatte der Schätzerkreis einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 0,9 Prozentpunkten empfohlen. Der Zusatzbeitrag darf sich aber nur in bestimmten Grenzen bewegen.
Diese hängt davon ab, wie der Schätzerkreis die Finanzentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung prognostiziert. Im vergangenen Jahr ging er von einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 0,9 Prozentpunkten aus. Damit lag der Beitragsanteil der Arbeitnehmer bei durchschnittlich 8,2 Prozent (7,3 Prozent plus 0,9 Prozent).
Bei einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von rund 2915 Euro liegt dieser Beitragsanteil bei 239 Euro im Monat. Würde der Zusatzbeitrag im Schnitt um 0,2 Prozentpunkte steigen, läge der Beitragsanteil bei einem Einkommen von 2915 Euro bei 245 Euro; bei einem Anstieg um 0,3 Prozentpunkte bei 248 Euro und bei 0,4 Punkten stiege der Beitrag auf 251 Euro. In diesem Fall würde sich der Beitrag um 12 Euro im Monat erhöhen.
Die Beitragsbemessungsgrenze hat die Bundesregierung für nächstes Jahr auf monatlich 4237,50 Euro festgelegt, darüber bleiben die Versicherungsbeiträge gleich. Ein Beitragszahler mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 4237,50 Euro bezahlt ohne neuen Zusatz rund 348 Euro in die Krankenversicherung. Stiege hier der Zusatzbeitrag 2016 um 0,2 Prozentpunkte, läge der Beitrag bei 356 Euro, bei 0,3 Punkten bei 360 und bei 0,4 Punkten bei 364 Euro.
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