Während Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Zeitenwende im Gesundheitswesen will, verteidigt sein NRW-Amtskollege Karl-Joseph Laumann (CDU) das Prinzip der selbstständigen Heilberufe im ambulanten Bereich. Auch die Freiberuflichkeit und das berufliche Leitbild der Apothekerinnen und Apotheker müssten unbedingt beibehalten werden, so Laumann bei einer Veranstaltung in Berlin.
Seine Zeit als Staatssekretär und Patientenbeauftragter in Berlin und seine Erfahrungen als NRW-Gesundheitsminister während der Corona-Pandemie hätten seinen Blick auf das deutsche Gesundheitssystem verändert, erklärt Laumann bei der Diskussionsrunde „Gesundheitspolitik im Stresstest – die Herausforderungen werden größer“ der Stiftung Marktwirtschaft. Er sei auf viele Versorgungs- und Qualitätsprobleme aufmerksam geworden, die es zu lösen gilt. Gleichzeitig aber dürfen die Kosten und Kassenbeiträge nicht weiter explodieren.
In der Arzneimittelversorgung sieht Laumann wenig Einsparpotential. Seit der Pandemie und den damit verbundenen und immer noch nicht überwundenen Schwierigkeiten, die globalen Lieferketten aufrechtzuerhalten, würden bei allen Parteien die Forderungen nach mehr Resilienz in der Arzneimittelherstellung laut. Da, meint Laumann, müsse man sich aber ehrlich machen: Lokale Produktion in Deutschland und in Europa werde auf keinen Fall billiger werden, denn die Herstellung finde unter Arbeitsbedingung und vor allem Umweltstandards statt, die nicht mit den chinesischen oder indischen zu vergleichen seien.
Dass die Versorgung der Bevölkerung trotz der Engpässe aufrechterhalten werden konnte, dafür sei maßgeblich das Netzwerk an Apotheken verantwortlich. „Wenn wir nicht ein gutes Apothekernetz hätten, würden wir das gar nicht hinbekommen“, so Laumann.
Konkrete Vorschläge, wie der angespannten wirtschaftlichen Lage der Apotheken beizuwohnen sei, machte der Minister nicht. In NRW gebe es zurzeit noch kein Problem mit Unterversorgung im Falle von Apotheken. Größere Apotheken würden in der Regel fortgeführt, kleinere würden teilweise keinen Nachfolger finden und aussteigen, die flächendeckende Versorgung sei aber gegeben.
Trotzdem sagte Laumann, dass auch bei den Apotheken „nicht alles so bleiben kann, wie es ist“. „Ich würde immer dazu raten, dass wir das Apothekensystem erstens in der Freiberuflichkeit lassen und zweitens das Leitbild der inhabergeführten Apotheke wahren“, erklärte Laumann. Er ist der Überzeugung, dass der große Teil der ambulanten Versorgung am besten in der Freiberuflichkeit funktioniert. Politisch wolle er den Mittelstand erhalten und stärken, dazu gehöre eben auch die Freiberuflichkeit. Daher sei ihr Erhalt in den Gesundheitsberufen ein klares politisches Ziel.
Die Krankenhausplanung – konzentriert auf die Planbetten – sei problematisch. In NRW habe er daher schon vor Lauterbach Eckpunkte zur Klinikreform vorgelegt. „Wir müssen zu einer verbindlichen Krankenhausplanung kommen, die nicht auf der Zahl der Planbetten basiert“, erklärte der Minister. Stattdessen müsse nach Leistungen geplant werden. „Jedes Krankenhaus macht alles“, so Laumann. Das hätten detaillierte Erhebungen in NRW bestätigt. Darunter leide die Qualität. Man müsse weg von der Konkurrenz zwischen den Krankenhäusern und hin zu einem bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen Leistungsangebot mit Schwerpunktversorgung. Die Planungshoheit der Länder müsse zudem gewahrt werden, denn die Krankenhauslandschaft in den einzelnen Bundesländern wäre zu unterschiedlich, als dass ein einheitliches Konzept für alle funktionieren könnte.
Das Vorgehen von Lauterbach im Hinblick auf die Klinikreform kritisierte Laumann. Man müsse die vorhandenen Strukturen weiterentwickeln und nicht zerstören – und vor allem mit den Leuten, die in den Bereichen arbeiten, reden. Veränderungen könnten nur in Zusammenarbeit mit dem System und nicht gegen das System geschehen.
Auch für die ambulante Versorgung sollen Daten erhoben werden. Laumann sieht erhebliches Potenzial in der sektorübergreifenden Versorgung bezogen auf Facharzt- und Hausarztpraxen. Um die Ressourcen auf diejenigen zu konzentrieren, die versorgt werden müssen, schlug Laumann vor, ein Papierhausarztsystem zu integrieren, den Facharzttermin dann nur über eine hausärztliche Überweisung zu bekommen.
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