Kommentar

Lasst die Apotheken testen!

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Berlin -

Coronatests gehören laut Abda nicht in Apotheken – aber warum eigentlich nicht? Immerhin könnten die Kollegen nicht nur die Nachfrage der Kunden bedienen, sondern auch noch einen Beitrag zur Verbesserung der epidemiologischen Lage leisten. An der Durchführung kann es aus praktischer Sicht nicht liegen – Blutzucker messen können Apotheker und PTA schließlich auch.

Möglichkeiten zur Testung auf das neue Coronavirus gibt es genug. Seit Wochen ist die PCR-Methode in aller Munde. Regelmäßig wird darüber berichtet, dass Unternehmen Antikörper- und Antigentests auf den Markt bringen – und dennoch findet keiner dieser Produkte den Weg in die Apotheke. Gleichzeitig können sich unsere Nachbarn in Österreich den Test beim dm um die Ecke kaufen. In den USA sind die Apotheker bei dem Thema von der Politik bereits vor Wochen mit ins Boot geholt worden.

Laut Abda stehen Infektionsschutzgesetz (IfSG), Medizinprodukteabgabeverordnung (MPAV) und Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) der Abgabe in deutschen Apotheken entgegen. Das mag stimmen, doch keiner der Standesvertreter scheint dies ändern zu wollen. Nachvollziehen lässt sich diese Abneigung nicht. Denn die Tests werden sicherer – Sensitivität- und Spezifitätswerte nähern sich den 100 Prozent an – und die Durchführung, die ähnelt dem Prozedere einer Blutzuckermessung.

Das Blutzuckermessen wird standardmäßig in der Apotheke angeboten, es gehört zu den „apothekenüblichen Dienstleistungen“, auch wenn Blut im Spiel ist. Hepatitis-Impfung aufgefrischt, Handschuhe an und los geht’s. Am Ende wird ein Messwert abgelesen und dem Patienten mitgeteilt. Diesen kann er dann notieren und beim Arzt vorlegen. Hinterfragt hat das seit Jahren niemand – allenfalls die Vergütung ist gelegentlich ein Thema. Dabei gehören die Teststreifen laut Richtlinie über In-vitro-Diagnostika (IVDD) zu den Produkten, bei denen ein Versagen ein ernstes Risiko für die Gesundheit darstellen kann.

Dasselbe gilt für den HIV-Selbsttest. Vom Prinzip her ist dieser den meisten Corona-Schnelltests sehr ähnlich – nur dass am Ende eine Diagnose feststeht. Hier hatte sich die Abda noch für eine Apothekenpflicht eingesetzt, doch Gesundheitsminister Spahn wollte einen möglichst breiten Zugang schaffen. So werden die Tests im Drogeriemarkt gekauft und zu Hause durchgeführt – fällt das Ergebnis positiv aus, so ist mitunter niemand da, der den Betroffenen emotional oder fachlich zur Seite steht.

Auch beim Coronatest drohen die Apotheken den Anschluss zu verlieren. Kollegen, die einen Beitrag leisten wollen, stehen vor einer Wand von Paragraphen. Innovative Ideen – etwa eine organisierte Testung in Apotheken durch medizinisches Personal – müssen genauso schnell begraben werden wie das bloße Anbieten von Testkits. So verkaufen die Hersteller ihre Tests eben im Internet, vielleicht auch irgendwann im Drogeriemarkt. Irgendwann wird der Kunde zu der Einsicht kommen, dass er in der Apotheke eben doch nur sein Rezept einlösen kann.

Wollten die Apotheken sich nicht mit neuen Dienstleistungen aus dem Hamsterrad befreien? Warum kämpft dann niemand um Grippeimpfungen oder um das Themenfeld Diagnostik? Man könnte den Eindruck gewinnen: Da wo es zu viele Regeln gibt, da wird geschrien. Und da wo man den Apothekern mehr Verantwortung und Spielraum übertragen will, da wird weggerannt, ignoriert oder gemeckert.

 

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