Nach einjähriger Hängepartie hat die CDU ihre offene Führungsfrage geklärt. Es bedurfte einer Stichwahl, bis feststand: NRW-Regierungschef Laschet führt künftig die Partei. Gesundheitsminister Jens Spahn sorgte für einen Eklat beim virtuellen Parteitag.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet wird neuer CDU-Vorsitzender. Er setzte sich am Samstag beim digitalen Bundesparteitag im zweiten Wahlgang gegen den früheren Unions-Fraktionschef Friedrich Merz durch. Auf Laschet entfielen 521 der abgegebenen 991 Delegiertenstimmen, auf Merz 466. Der dritte Kandidat für die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer an der Spitze der CDU, der Außenpolitiker Norbert Röttgen, war im ersten Wahlgang ausgeschieden.
Laschet sagte nach seiner Wahl, er werde alles dafür tun, dass die CDU die bevorstehenden Landtagswahlen erfolgreich besteht und dass nach der Bundestagswahl „die Union den nächsten Kanzler stellt“. Im ersten Durchgang hatte Merz 385 Stimmen erhalten, Laschet 380 und Röttgen 224. Das Ergebnis der Online-Abstimmung muss nun noch formal durch eine Briefwahl bestätigt werden, um rechtssicher zu sein. Laschet hatte in seiner streckenweise emotionalen Bewerbungsrede seine Erfahrung als Regierungschef betont. „Man muss das Handwerkszeug einer Politik der Mitte beherrschen“, sagte er. Der 59-Jährige verwies auf die Verhandlungen zum Kohleausstieg oder den Kampf gegen Kriminalität in NRW.
Laschet würdigte die Verdienste von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Das Ansehen der Kanzlerin lasse sich in einem Wort zusammenfassen: Vertrauen. Die CDU werde aber nicht für die Verdienste der Vergangenheit gewählt. Nötig sei ein „Modernisierungsjahrzehnt“. Laschet betonte: „Die CDU muss wieder zur Ideenschmiede und zum Ort der Diskussion werden.“ Die Partei sei keine „One-Man-Show“. Es spiegele sich nicht mehr die ganze Breite der Gesellschaft in der Partei wider, sagte Laschet. „Die CDU und das Deutschland, die ich vor Augen habe, braucht keinen CEO, keinen Vorstandsvorsitzenden, sondern einen Mannschaftskapitän, der führt und zusammenführt.“
Laschet erhielt in der Fragerunde der Delegierten Unterstützung von Gesundheitsminister Jens Spahn: Laschet und er träten als Team an, es brauche eine geschlossene Partei. Laschet lebe Zusammenhalt. Er habe ein Viertel der Deutschen tatkräftig und besonnen durch die Pandemie geführt, sagte Spahn – eine Frage an die Kandidaten stellte er aber nicht. Dies sorgte für Entrüstung bei anderen Delegierten, zumal wegen technischer Probleme ohnehin nur drei Fragen zugelassen werden konnten.
Zur Frage der Kanzlerkandidatur der Union äußerte sich Laschet nicht. Dagegen beanspruchte Merz diese für den Fall seines Wahlsieges indirekt für sich. Sein Anspruch sei „Führung dieser Partei, aber auch Führung unseres Landes“, sagte der 65-Jährige in seiner Vorstellungsrede. „Wir sind als deutsche Christdemokraten fest entschlossen, diese nächste deutsche Bundesregierung auch wieder zu führen.“
Zugleich machte Merz deutlich, dass er sich eine schwarz-grüne Bundesregierung vorstellen kann. Er wies auf die von Volker Bouffier (CDU) geführte schwarz-grüne Koalition in Hessen hin und sagte: „So etwas geht. Und das geht nicht nur, wenn man selbst besonders grün ist. Es geht besonders und es geht besser, wenn man in eine solche Koalition eigene Überzeugungen, eigene Meinungen, eigene Standorte einbringt.“
Merz rief die CDU auf, den Menschen in Deutschland angesichts der Corona-Pandemie Mut und Zuversicht zu vermitteln. Deutschland sei ein hoch innovatives Land. „Wir können Forschung und Entwicklung“, sagte Merz und wies auf die Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus in Deutschland hin. Es werde einen Weg heraus aus der Corona-Krise geben, betonte Merz. Zugleich zog er eine scharfe Trennlinie zur AfD: Vorgänge wie in Thüringen, wo im Februar vergangenen Jahres der FDP-Politiker Thomas Kemmerich auch mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, würde es unter seiner Führung nicht geben.
Der im ersten Wahlgang unterlegene Röttgen warb für eine Erneuerung der CDU. Die Partei müsse wieder der Ort sein, wo Zukunftsfragen diskutiert werden und Antworten gefunden werden, sagte er in seiner Bewerbungsrede. „Es geht eigentlich nur um eins: Zukunftskompetenz.“ Die CDU werde nur Volkspartei bleiben, wenn sie sich verändere. Sie müsse weiblicher und jünger werden und so digital wie auf dem Parteitag. „Volkspartei und Partei der Mitte muss man immer wieder neu werden.“ Er traue sich zu, neue Wählerinnen und Wähler für die CDU zu gewinnen.
Wegen der Corona-Krise fand der CDU-Wahlparteitag erstmals rein digital statt. In Deutschland hat es zwar bereits digitale Parteitage gegeben, etwa bei den Grünen und der CSU, dort fanden aber keine Wahlen statt. Nach der Wahl des neuen Vorsitzenden sollte bis auf Generalsekretär Paul Ziemiak auch die ganze CDU-Führungsspitze online neu gewählt werden.
Im Parteitagsstudio auf dem Berliner Messegelände war wegen der Corona-Pandemie nur der engste Führungszirkel um Kramp-Karrenbauer und Ziemiak anwesend, außerdem die Bewerber für den Vorsitz. Gäste und Journalisten waren wegen der Pandemie nicht zugelassen.
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